Info
Gasthof zum Hirsch Fuggerstraße 1
86465 Welden
Öffnungszeiten: Di.-So.: 10-18 Uhr
Telefon: 08293/227
Website
Kontakt:
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Ganghofer-Stätte im Gasthof Zum Hirsch in Welden

Der stattliche Gasthof selbst wird erstmals 1598 urkundlich als „Schwarzer Adler“ erwähnt und besitzt das Metzger-, Back-, Brau- und Brennrecht. Besitzer sind zeitweilig auch die Fugger. Heute ist der Landgasthof eine beliebte Einkehr. Zu Ganghofers Zeiten spricht der Volksmund nur vom „Rollewirt“. Im Kindes- und Jugendalter suchen Ludwig Ganghofer und seine Freunde verbotenerweise öfter im Heuboden nach Hühnereiern. Bei der kirchlichen Beichte wird ihm vom Pfarrer als Buße auferlegt, bei der Wirtin persönlich Abbitte zu leisten.

Im Gemütszustande eines geknickten Menschenkindes verließ ich die Kirche. Beim Mittagessen brachte ich kaum einen Bissen hinunter. Von der Mehlspeise, die nach Eiern schmeckte, wurde mir fast übel. Und fünf Minuten später stand ich atemlos und mit klopfendem Herzen auf der steinernen, mit einem Eisengeländer versehenen Freitreppe des Rollewirtes. Weiter kam ich nicht. Beim Anblick des offenen Hausflurs hatte ich ein Gefühl, als sollte ich in die Hölle springen. Leute kamen und Leute gingen. Ich blieb auf der Treppe stehen oder turnte, um unverdächtig zu erscheinen, am Geländer hin und her. Drinnen im Hausflur tauchte die runde Rollewirtin immer wieder zwischen Schänkstube und Kellerstiege auf. So oft ich sie gewahrte, wurde mir kalt oder heiß. Endlich fiel es ihr auf, daß ich immer da auf der Treppe stand. Sie kam und fragte freundlich: „Ludwigle, willschst ebbes?“ Aber ich brachte keinen Laut heraus, schüttelte nur den Kopf – und turnte wieder. Stunde um Stunde verging. Es wurde fünf Uhr nachmittags, und die Herren kamen zum Tarock, einer nach dem andern, der Doktor, der Aufschläger, der Lehrer, der Förster Rauschmeyer und Papa. Jeder fragte so was ähnliches: „Ludwigl, was treibst du denn da?“ Ich hatte immer die gleiche Antwort: „Nix!“ Und turnte immer aufgeregter. Und jetzt – mir stand das Herz heroben im Halse still – jetzt kam der Pfarrer mit dem lustigen Benefiziaten Troll. Ich wollte davonrennen, doch meine Füße waren wie angewachsen. Der Pfarrer legte mir die Hand auf das Köpfl und fragte genau so neugierig wie die anderen: „Ludwigl, was treibscht du denn da?“ Ich sah ihn verzweifelt an und stotterte: „Awer Sie wisse doch, Herr Pfarr ...“ Er machte ein erstauntes Gesicht und sagte: „Ich? Was soll ich denn wisse? Nix weiß ich. Gar nix!“ Dann tätschelte er meine Wange und trat ins Haus.

Ich konnte nimmer turnen, alles am Leibe war mir wie tot. Und der frühe, kühle Frühlingsabend fing schon zu dämmern an. Da kam die Rollewirtin plötzlich aus dem dunklen Hausgang heraus, nahm mich bei der Hand, führte mich in ihre Schlafstube, die neben der Kellertüre war, und beugte sich zu mir herunter: „Ludwigle, muescht mer ebbes sage?“ Ich nahm die Frau mit beiden Armen um den Hals und fing herzbrechend zu schluchzen an. „No, no no“, tröstete die Rollewirtin, bevor ich noch ein Wörtlein bekannt hatte, „weischt, es ischt it so arg! Muescht hald meine Henneneschter jetzt bissele in Rueh lasse, gell?“ Ich fühlte, daß an meinem Kittelchen die Tasche schwer wurde. Und als ich aufatmend draußen auf der Treppe stand und durch den Abend davonrannte mit federleichtem Gewissen, fand ich in meiner Kitteltasche vier gefärbte Ostereier, zwei rote und zwei blaue. Mir war unbeschreiblich wohl zumute. Aber ich konnte an diesem Abend lange nicht schlafen – weil mich immer die Frage beschäftigte: „Warum sind die anderen nicht zur Rollewirtin gekommen, der Muckl und der Alfons?“ Das Rätsel löste sich am nächsten Morgen. Alfons und Muckl hatten nicht beim Pfarrer, sondern beim lustigen Benefiziaten ihre mit vielen Eiern beschwerten Seelen erleichtert. Der hatte ihnen nur zwei Vaterunser und einen Rosenkranz als Buße aufgegeben. – Das nächstemal beichtete ich beim Benefiziaten. So lernt man im Leben. [Aus: Lebenslauf eines Optimisten]

Anlässlich des 150. Geburtstages von Ludwig Ganghofer am 7. Juli 2005 wird von der Regio Augsburg, dem Naturpark Augsburg – Westliche Wälder e.V. und dem Wirt Klemens Kugelmann ein mediendidaktisch konzipierter Informationsraum über Ludwig Ganghofers Kindheit und Jugendzeit in Welden und deren prägenden Einfluss auf Leben und Werk des Schriftstellers in dem Gasthof eingerichtet.


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