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Inn in Passau (Fotografie um 1890)

Passau, Steinweg 4: Stifter auf Reisen

Im Jahr 1818 erbaut sich der Kaufmann Matthias Rosenberger, über dessen Geschäfte sich einige dubiose Legenden ranken, ein Gut in Lackenhäuser im Bayerischen Wald. Zwei Jahre später wird dort sein Sohn Franz Xaver geboren, der das Haus nach seiner Heirat 1847 und nach dem Tod des Vaters 1848 übernimmt, es ausbaut und um eine Kapelle und eine Wirtshaus erweitert, um den Fremdenverkehr in der Gegend zu fördern. Der Gesundheitszustand seiner Frau zwingt ihn zehn Jahre später dazu, wenigstens die Winter in Passau zu verbringen. Er erwirbt ein Haus im ehemaligen Domherrenhof am Steinweg und eröffnet eine Eisenwarenhandlung. Schnell steigt er zu einem der einflussreichsten Bürger der Stadt auf, ab den 1870er Jahren engagiert er sich als Abgeordneter.

Einer der Gäste, die – nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen – immer wieder nach Lackenhäuser zurückkehren, ist der österreichische Schriftsteller Adalbert Stifter. 1855 ist er erstmals dort zu Gast, er fasst große Zuneigung zu Franz Xaver Rosenberger und verbringt auf dem Weg nach Lackenhäuser oftmals mehrere Tage in Passau. Davon zeugen auch diverse Einträge in den Gästebüchern der örtlichen Wirtschaften, das Passauer Stadtarchiv nennt zwei Aufenthalte im Hotel Wilder Mann. Am 23. Juli 1864 schreibt Stifter vom Rosenberger Gut an seinen Verleger Gustav Heckenast:

Wir sind heute den zweiten Tag hier, nachdem wir in Passau drei heftige Regentage hatten warten müssen. Ich glaube nun bald so kräftig zu sein, daß ich wieder werde an den Witiko gehen können, und da werde ich die Arbeit mit Übersicht des schon fertigen beginnen. Die Zeit, wann Sie mir den Anfang werden schicken können, werde ich Ihnen etwas später angeben. Inzwischen werde ich mit der Mappe [gemeint ist die Mappe meines Urgroßvaters] fertig.

Im Gedenken an die Besuche Stifters in Passau wird im Jahr 1952 an Rosenbergers Stadthaus eine Tafel angebracht, auf der zu lesen steht: „In diesem Hause weilte mehrmals Adalbert Stifter bei seinem Freunde Franz Xaver Rosenberger“. Der Schriftsteller selbst verewigt die Stadt in mehreren seiner Werke, am prägnantesten in dem oben angesprochenen Roman Witiko, der mit einer landschaftlichen Beschreibung Passaus beginnt:

Am oberen Laufe der Donau liegt die Stadt Passau. Der Strom war eben nur aus Schwaben und Bayern gekommen, und netzt an dieser Stadt einen der mittäglichen Ausgänge des bayerischen und böhmischen Waldes. Dieser Ausgang ist ein starkes und steiles Geklippe. Die Bischöfe von Passau haben auf ihm eine feste Burg gebaut, das Oberhaus, um gelegentlich ihren Untertanen Trotz bieten zu können. Gegen Morgen von dem Oberhause liegt ein anderer Steinbühel, auf dem ein kleines Häuslein steht, welches einst den Nonnen gehörte, und daher das Nonngütlein heißt. Zwischen beiden Bergen ist eine Schlucht, durch welche ein Wasser hervorkömmt, das von oben gesehen so schwarz wie Tinte ist. Es ist die Ilz, es kömmt von dem böhmisch-bayerischen Walde, der überall die braunen und schwarzen Wässer gegen die Donau sendet, und vereinigt sich hier mit der Donau, deren mitternächtliches Ufer es weithin mit einem dunkeln Bande säumt. Das Oberhaus und das Nonngütlein sehen gegen Mittag auf die Stadt Passau hinab, die jenseits der Donau auf einem breiten Erdrücken liegt. Weiter hinter der Stadt ist wieder ein Wasser, das aus den fernen mittäglichen Hochgebirgen kömmt. Es ist der Inn, der hier ebenfalls in die Donau geht, und sie auch an ihrer Mittagsseite mit einem Bande einfaßt, das aber eine sanftgrüne Farbe hat. Die verstärkte Donau geht nun in der Richtung zwischen Morgen und Mittag fort, und hat an ihren Gestaden, vorzüglich an ihrem mitternächtigen, starke waldige Berge, welche bis an das Wasser reichende Ausgänge des böhmischen Waldes sind. Mitternachtwärts von der Gegend, die hier angeführt worden ist, steigt das Land staffelartig gegen jenen Wald empor, der der böhmisch-bayerische genannt wird.

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