Info
Geb.: 1.12.1902 in Reichstadt, Nordböhmen (Zákupy, Tschechien)
Gest.: 13.6.1972 in Kaufbeuren
© Gustav Leutelt Gesellschaft e.V. Schwäbisch Gmünd

Rudolf Tamm

Der Lehrer und Schriftsteller Rudolf Tamm, geboren 1902 im nordböhmischen Reichstadt, gehört neben Heinz Kleinert, Gertrud und Richard Zasche zu den Personen in Kaufbeuren-Neugablonz, die mit ihren Geschichten und Gedichten an die alte Heimat und die Vertreibung erinnern. Tamm schreibt sowohl standardsprachlich als auch in der paurischen Mundart. 1972 stirbt er in Kaufbeuren.

Werdegang

Rudolf Tamm stammt aus dem nordböhmischen Reichstadt (heute Zákupy). Er wächst in Grünwald im Bezirk Gablonz auf, nachdem sein Vater Wenzel Tamm vor seinem Schuleintritt als Gerichtsoberoffizial nach Gablonz versetzt wird. Nach der Vertreibung lässt sich Tamm im neu gegründeten Stadtteil von Kaufbeuren-Neugablonz nieder. Dort arbeitet er weiterhin als Lehrer und engagiert sich intensiv für die Bewahrung des kulturellen Erbes der Vertriebenen. Ab 1953 steht er dem Gablonzer Heimatkreis vor, sammelt Dokumente, Alltagsgegenstände und Kunstwerke aus dem Isergebirge und treibt die Gründung eines Museums aktiv voran. 1957 stellt die Stadt Kaufbeuren drei Räume in der Gustav-Leutelt-Schule in Neugablonz als Ausstellungsräume zur Verfügung. Im selben Jahr findet sich ein Arbeitskreis zusammen, aus dem 1961 der Verein „Gablonzer Archiv und Museum“ hervorgeht.

Studienrat Rudolf Tamm kümmert sich weiter um die Sammlungen, tritt als Organisator von Mundartabenden in Erscheinung und schreibt Beiträge für die Mundartkolumne „Nej su wos“ in der Regionalzeitung.

Wichtige Werke (Auswahl)

Rudolf Tamm ist Autor und Herausgeber mehrerer Werke. 1959 veröffentlicht er Die Gablonzer Mundart heute und 1960 De Gablinzr vo heute. Gemeinsam mit Heinz Kleinert und Gertrud Zasche entstehen die Bände in paurischer Mundart Tut mr sch ne vrgassn (1962), Nej su wos (1966) und Kennst de dos? (1969). Sie sind literarische Dokumente einer untergehenden Sprach- und Alltagskultur. Parallel dazu veröffentlicht Tamm standardsprachliche Texte, in denen er sich mit seiner russischen Kriegsgefangenschaft auseinandersetzt.

Die Leutelt-Gesellschaft würdigt Leben und Werk des Schriftstellers mit der 1993 erschienenen Publikation Rudolf Tamm 1902–1972, für die Gertrud Zasche die Auswahl der Texte vornimmt.

Stil / Rezeption

Rudolf Tamm gilt als eine zentrale Figur der Vertriebenenliteratur in Bayern. Die Verbindung von Sprachbewahrung, Erinnerungsarbeit und kultureller Identitätsstiftung steht im Zentrum seines literarischen Schaffens. Ein besonderes Anliegen ist ihm die Pflege des Gablonzer Dialekts. 

Verfasst von: Digitaler Literaturatlas von Bayerisch Schwaben DigiLABS / Rosmarie Mair, M.A.

Sekundärliteratur:

Ballis, Anja; Dieter, Stefan (2001): Die urbane Vielfalt – Kaufbeurer Literaturgeschichte in ihrer städtischen Verbundenheit. In: Kraus, Jürgen; Dieter, Stefan (Hg.): Die Stadt Kaufbeuren, Band II, Kunstgeschichte, Bürgerkultur und religiöses Leben, Bauer Verlag, Thalhofen, S. 144.


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