Anna Klarner
Die am 24. Januar 1927 in Südböhmen geborene Anna Klarner findet nach der Vertreibung in Kaufbeuren eine neue Heimat. Zeit ihres Lebens ist sie künstlerisch aktiv, schreibt vor allem Lyrik, führt Tagebuch und malt. Am 11. März 2022 stirbt sie im Alter von 95 Jahren.
Werdegang
Anna Klarner, geborene Pfleger, wächst in Südböhmen auf, wo ihr Großvater eine Schneiderei im Familienbetrieb unterhält. Ihre Kindheit erlebt sie als Zeit großer Freiheit. Früh sammelt sie prägende Eindrücke in der Natur – Erfahrungen, die ihre künstlerische und schriftstellerische Arbeit ein Leben lang beeinflussen. Bereits in ihrer Schulzeit beginnt sie zu malen und zu schreiben. Nach dem Pflichtjahr in der Landwirtschaft absolviert sie die Ausbildung zur staatlich geprüften Kindergärtnerin an der Lehrerbildungsanstalt in Linz und noch vor Kriegsende übernimmt sie die Leitung eines Kindergartens nahe Krumau an der Moldau (Český Krumlov). Nach Kriegsende wird ihre Familie als Angehörige der Sudetendeutschen nach Deutschland ausgewiesen.
In ihrer neuen Heimat zeigt Anna Klarner großen Gestaltungswillen. Durch ihre Weiterbildung im kaufmännischen Bereich gelingt ihr der berufliche Aufstieg: Sie wird Sekretärin in der Führungsebene der MAN Augsburg. 1966 tritt sie in das Familienunternehmen ihres Onkels in Kaufbeuren-Neugablonz ein, wo die Gablonzer Modeschmuck- und Glasindustrie eine neue Heimat gefunden hat. Dort wird sie umfassend in die Geschäftsführung des Unternehmens, eines Zwischenhändlers für Modeketten, eingebunden und überzeugt durch ihre Kompetenz im Umgang mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden. Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes Johann Klarner, der zeitlebens fest an ihrer Seite steht, lebt sie mit ihrer Tochter, mit der sie eng verbunden ist.
Als diese mit ihrem Mann ins Ausland zieht, ergreift Anna erneut die Initiative: Sie macht den Führerschein und beginnt, Malreisen nach Österreich, Südtirol, in die Toskana, die Fränkische Schweiz und an die Donau zu unternehmen. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen bleibt sie bis ins hohe Alter kreativ tätig und bewahrt sich ihre positive Lebenseinstellung. Ihre letzten Jahre verbringt sie gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn im Haus am Kesselberg – es wird zu ihrer neuen Heimat.
Wichtige Werke (Auswahl)
In ihrem autobiografischen Büchlein Es begann im Böhmerwald (2021) blickt Anna Klarner auf ihr Leben zurück. Ihr ebenfalls im Eigenverlag erschienener Lyrikband Zeitreise (2022), herausgegeben von ihrer Tochter Margit Christina Pfänder, enthält ausgewählte Gedichte und Bilder. Weitere Texte sind in Böhmerwald-Anthologien sowie in Veröffentlichungen des Autorenkreises Allgäu zu finden. Neben dem Schreiben widmet sich Anna Klarner der Malerei. Beide Ausdrucksformen stehen in enger Verbindung zueinander. Ihre Gedichte und Bilder finden regelmäßig bei regionalen Ausstellungen und Lesungen Beachtung, etwa 1997 in der Gablonzer Galerie im Gablonzer Haus oder 2008 im Klinikum Ostallgäu Kaufbeuren.
Gemälde „Blüte in weiß“ © Anna Klarner
Stil / Rezeption
Anna Klarners Lyrik ist von einer tiefen Naturverbundenheit und ihrer Beziehung zur verlorenen Heimat geprägt. Wie bei Adalbert Stifter finden sich in ihren Texten stille Naturbeobachtungen und emotionale Tiefe. Ihre Haltung zur Erinnerung ist klar: Heimat wird nicht verklärt, sondern als innerer Ort bewahrt. Heimat ist für sie etwas Unverlierbares, in der Realität aber etwas unwiederbringlich Verlorenes. In der Lektüre von Marion Gräfin Dönhoff Kindheitserinnerungen findet sie eine verwandte Sichtweise; für beide Autorinnen ist Versöhnung ein wichtiger Trostgedanke.
Anna Klarners Gedicht „Novemberstimmung“ aus dem Autorenkreis-Sammelband Fülle des Lebens (2020) zeigt ihre prägnante Bildsprache und eine stille Melancholie:
Langsam geh‘ ich, es wird Nacht, / die letzten Blätter, leis‘ und sacht / nehmen Abschied, tiefes Schweigen, / Trauer hängt nun in den Zweigen. // Nebel lastet, naß und kalt, / bald schon dunkeln Feld und Wald. / Auf der Weide, schwarz, geduckt / sitzt die Krähe, wie ein Spuk. // Frierend wandere ich heim, / bin auf einmal so allein. / Licht flammt hell durchs ganze Haus, / und die Trauer fliegt hinaus.
Mitgliedschaften
Anna Klarner nimmt über viele Jahre aktiv am Autorenkreis Allgäu teil. Als sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst zu den Treffen kommen kann, übernimmt ihre Tochter die Rolle der Vortragenden – so etwa beim Jubiläum des Autorenkreises im Oktober 2021.
Externe Links:
Die am 24. Januar 1927 in Südböhmen geborene Anna Klarner findet nach der Vertreibung in Kaufbeuren eine neue Heimat. Zeit ihres Lebens ist sie künstlerisch aktiv, schreibt vor allem Lyrik, führt Tagebuch und malt. Am 11. März 2022 stirbt sie im Alter von 95 Jahren.
Werdegang
Anna Klarner, geborene Pfleger, wächst in Südböhmen auf, wo ihr Großvater eine Schneiderei im Familienbetrieb unterhält. Ihre Kindheit erlebt sie als Zeit großer Freiheit. Früh sammelt sie prägende Eindrücke in der Natur – Erfahrungen, die ihre künstlerische und schriftstellerische Arbeit ein Leben lang beeinflussen. Bereits in ihrer Schulzeit beginnt sie zu malen und zu schreiben. Nach dem Pflichtjahr in der Landwirtschaft absolviert sie die Ausbildung zur staatlich geprüften Kindergärtnerin an der Lehrerbildungsanstalt in Linz und noch vor Kriegsende übernimmt sie die Leitung eines Kindergartens nahe Krumau an der Moldau (Český Krumlov). Nach Kriegsende wird ihre Familie als Angehörige der Sudetendeutschen nach Deutschland ausgewiesen.
In ihrer neuen Heimat zeigt Anna Klarner großen Gestaltungswillen. Durch ihre Weiterbildung im kaufmännischen Bereich gelingt ihr der berufliche Aufstieg: Sie wird Sekretärin in der Führungsebene der MAN Augsburg. 1966 tritt sie in das Familienunternehmen ihres Onkels in Kaufbeuren-Neugablonz ein, wo die Gablonzer Modeschmuck- und Glasindustrie eine neue Heimat gefunden hat. Dort wird sie umfassend in die Geschäftsführung des Unternehmens, eines Zwischenhändlers für Modeketten, eingebunden und überzeugt durch ihre Kompetenz im Umgang mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden. Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes Johann Klarner, der zeitlebens fest an ihrer Seite steht, lebt sie mit ihrer Tochter, mit der sie eng verbunden ist.
Als diese mit ihrem Mann ins Ausland zieht, ergreift Anna erneut die Initiative: Sie macht den Führerschein und beginnt, Malreisen nach Österreich, Südtirol, in die Toskana, die Fränkische Schweiz und an die Donau zu unternehmen. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen bleibt sie bis ins hohe Alter kreativ tätig und bewahrt sich ihre positive Lebenseinstellung. Ihre letzten Jahre verbringt sie gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn im Haus am Kesselberg – es wird zu ihrer neuen Heimat.
Wichtige Werke (Auswahl)
In ihrem autobiografischen Büchlein Es begann im Böhmerwald (2021) blickt Anna Klarner auf ihr Leben zurück. Ihr ebenfalls im Eigenverlag erschienener Lyrikband Zeitreise (2022), herausgegeben von ihrer Tochter Margit Christina Pfänder, enthält ausgewählte Gedichte und Bilder. Weitere Texte sind in Böhmerwald-Anthologien sowie in Veröffentlichungen des Autorenkreises Allgäu zu finden. Neben dem Schreiben widmet sich Anna Klarner der Malerei. Beide Ausdrucksformen stehen in enger Verbindung zueinander. Ihre Gedichte und Bilder finden regelmäßig bei regionalen Ausstellungen und Lesungen Beachtung, etwa 1997 in der Gablonzer Galerie im Gablonzer Haus oder 2008 im Klinikum Ostallgäu Kaufbeuren.
Gemälde „Blüte in weiß“ © Anna Klarner
Stil / Rezeption
Anna Klarners Lyrik ist von einer tiefen Naturverbundenheit und ihrer Beziehung zur verlorenen Heimat geprägt. Wie bei Adalbert Stifter finden sich in ihren Texten stille Naturbeobachtungen und emotionale Tiefe. Ihre Haltung zur Erinnerung ist klar: Heimat wird nicht verklärt, sondern als innerer Ort bewahrt. Heimat ist für sie etwas Unverlierbares, in der Realität aber etwas unwiederbringlich Verlorenes. In der Lektüre von Marion Gräfin Dönhoff Kindheitserinnerungen findet sie eine verwandte Sichtweise; für beide Autorinnen ist Versöhnung ein wichtiger Trostgedanke.
Anna Klarners Gedicht „Novemberstimmung“ aus dem Autorenkreis-Sammelband Fülle des Lebens (2020) zeigt ihre prägnante Bildsprache und eine stille Melancholie:
Langsam geh‘ ich, es wird Nacht, / die letzten Blätter, leis‘ und sacht / nehmen Abschied, tiefes Schweigen, / Trauer hängt nun in den Zweigen. // Nebel lastet, naß und kalt, / bald schon dunkeln Feld und Wald. / Auf der Weide, schwarz, geduckt / sitzt die Krähe, wie ein Spuk. // Frierend wandere ich heim, / bin auf einmal so allein. / Licht flammt hell durchs ganze Haus, / und die Trauer fliegt hinaus.
Mitgliedschaften
Anna Klarner nimmt über viele Jahre aktiv am Autorenkreis Allgäu teil. Als sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst zu den Treffen kommen kann, übernimmt ihre Tochter die Rolle der Vortragenden – so etwa beim Jubiläum des Autorenkreises im Oktober 2021.