Info
Geb.: 14. 5.1904 in Halberstadt im Harz
Gest.: 3. 6.1989 in Kaufbeuren
Gerhard Deesen 1950 bei einer Stadtratssitzung (2. v.r.) © Stadtarchiv Kaufbeuren
Wirkungsorte:
Kaufbeuren

Gerhard Deesen

Der 1904 in Halberstadt im Harz geborene Rechtsanwalt Gerhard Deesen widmet sich neben Familie, Beruf und ehrenamtlichem Engagement intensiv seinen literarischen Neigungen, er verfasst vor allem Gedichte. Nach Kriegsende lebt er mit seiner Frau in Kaufbeuren, wo er 1989 im Alter von 85 Jahren stirbt. 

Werdegang

Schon während der Schulzeit zeigt sich seine Liebe zur Literatur. 1923 legt Gerhard Deesen die Abiturprüfung ab, studiert Jura in Tübingen, Halle und Frankfurt und steigt 1933 in die Rechtsanwaltspraxis seines Vaters ein. 1939 heiraten er und Hertha Haarmann. Im Zweiten Weltkrieg ist Gerhard Deesen Soldat bei der Luftwaffe; in der Gefangenschaft nach Kriegsende ist er umgeben von Soldaten aus dem Raum Kaufbeuren und so entschließt er sich nach seiner Entlassung, mit seiner Frau dorthin zu gehen. „Unser Gepäck bestand aus einer Einkaufstasche und wir mußten wie so viele andere in dieser Zeit von vorne anfangen“, erinnert er sich später. Deesen engagiert sich intensiv beim evangelischen Hilfswerk und organisiert Vorträge und Theateraufführungen in Kaufbeuren. Aus der Ehe der Eheleute Deesen gehen die beiden Töchter Ruth und Ina („Katharinchen“) hervor. 1948 nimmt Gerhard Deesen seine Arbeit als Anwalt wieder auf und gründet die Freie Wählergemeinschaft, für die er zehn Jahre lang im Kaufbeurer Stadtrat sitzt. 

Wichtige Werke (Auswahl)

Fast sein gesamtes Leben lang betätigt sich Gerhard Deesen als Lyriker. Neben drei Gedichtbänden veröffentlicht er 18 schmale Gedichtbüchlein im Eigenverlag. Auf Liebes Kind (1953), in dem er seine große Freude über die Geburt seiner Tochter ausdrückt, folgen Mein Morgenpfad (1955), Ein linder Baum blüht auf den Herzen. Geschichten um Ruth und Kathrinchen (1955), Genesung (1955), Der Nachen (1957), Fuchsien (1958), Und heuer? (1959), Forte dei Marmi. Ferien mit einem Kind (1960), Spät (1961), Achtzehn (1961), Begegnungen (1963), Sechzig (1964), Stunden. Ein Zyklus für meine Frau (1964), Der Fremde (1967), Ruf (1968), Gespielen (1969), Moll (1972) und Dur (1973). Aus dem Jahr 1963 stammt sein Rechtsratgeber für Verlobte und Eheleute Wir heiraten.

Gerhard Deesen sucht stets den Austausch mit Literaten, er korrespondiert mit Hermann Hesse, Eugen Roth, Alice Herdan-Zuckmayer, Hans Erich Nossack und der Kärntner Schriftstellerin Christine Lavant. Mit Lavant, deren Lyrik er schätzt, steht er von 1962 bis zu ihrem Tod 1973 in schriftlichem Austausch. Besonders zu Ilse Aichinger besteht eine enge Verbindung. Sie besorgt die Gedichtauswahl für Deesens Lyrikband Dur und Moll (1976) und redigiert seinen 1982 erschienenen Gedichtband Nordharz. Im dort abgedrucktem Gedicht „Ilse Aichinger“ heißt es:

Du schreibst in steiler Klosterschrift / Dein Merseburger Zauberlied / Mit unsichtbaren Noten. //
Wen Deine Kunst verwunschen hat, / dem leuchten sie.

Stil / Rezeption

Der Schriftsteller Hans Erich Nossack lobt Deesens „Innigkeit und Schlichtheit“, Ernst T. Mader seine „ziselierte Lyrik“ und Karl Krolow, Peter Huchel und der Komponist Werner Egk betonen im Vorwort zu Nordharz (1982) das Liedhafte in Deesens Lyrik.

Die Stadt Kaufbeuren und der Rotary-Club würdigen Gerhard Deesens Lebens und Werk anlässlich seines 85. Geburtstags und bringen den Lyrikband Leise werden 1989 im Allgäuer Zeitungsverlag heraus. Ein Teil seines literarischen Nachlasses befindet sich im Deutschen Literaturarchiv Marbach. 

Verfasst von: Digitaler Literaturatlas von Bayerisch Schwaben DigiLABS / Rosmarie Mair, M.A.

Sekundärliteratur:

Deutsches Literatur-Lexikon (2004), begründet von Wilhelm Kosch, hrsg. Konrad Feilchenfeldt, K. G. Saur Verlag Zürich und München, 6. Band, Sp. 1-2.

Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu, Blöcktach, Verlag an der Säge, S. 87, 132, 227.

Wimmer, Gerlinde: „Sieh Dich um, wo Du helfen kannst …“ Gerhard Deesen aus Kaufbeuren, in: Das schöne Allgäu, Heft 7/1989, S. 35-36.

Mettnitzer, Arnold: Grundlos glücklich in Moosburg, in: muntermacher, Zeitung der Gemeinde Moosburg, Nr. 15, Dezember 2023, S. 14-15 (u.a. über Christine Lavant und ihren Briefwechsel mit Gerhard Deesen), https://www.moosburg.gv.at/wp-content/uploads/2023/12/Muntermacher-Dezember-2023.pdf 


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