Ludwig Ganghofer: Eiserne Zither

[Eiserne Zither, 2 Teile, Stuttgart 1914]

1914 hat sich Ganghofer vorgenommen, jeden Tag ein Gedicht zu schreiben, um dem Krieg und damit zusammenhängenden Ereignissen Ausdruck zu verleihen. Es entsteht so eine Art Zeitung des Krieges, die im Werk Eiserne Zither (2 Teile, beide 1914) mit einer Auflage von 30.000 Exemplaren mündet. Ganghofer selbst spricht von „Kriegsliedern“ – Gedichte Ganghofers werden schon zu Lebzeiten vertont.

Der erste Band beginnt martialisch mit einem Gedicht, das der Autor am 28. Juli 1914, dem Tag der Kriegserklärung an Serbien, in seinem Jagdhaus im Tiroler Gaistal verfasst hat: Die österreichische Note.

Endlich, endlich eine Tat,
Pfeffer für den Blutsalat,
Den die Asiatenhorde
Pflücken will aus eklem Morde!
Österreich, weck dich!
Österreich, weck dich! [...]

(Ludwig Ganghofer: Eiserne Zither, S. 5)

Das zweite Gedicht Rekruten-Abschied vom 30. Juli klingt vom Dialekt und von der Szene her volksstückhaft: „‚O Jesus, Herr Doktor –’ das gaukelnde Licht / Beleuchtet ein blasses Mädchengesicht. / ‚Der Burgl ihr Bruader is grad kumma / Und hat von der Schwester Abschied gnumma!’“ (Ebda., S. 7) Das vierte Gedicht Meine drei Pferde thematisiert den Kriegseinsatz von Tieren wegen der „serbischen Schweinerei“; auch Ganghofer werden 1914 die eigenen Pferde für Kriegszwecke weggenommen: „Wo wirst du [Lieserl] fallen? Wo leidend verenden müssen? / Und soll es sein, wo es mag – ich will's nicht wissen.“ (Ebda., S. 13) In dem anschließenden längeren Gedicht Heimfahrt, datiert „München, 2. August“, schildert Ganghofer u.a. seine Schwierigkeiten über Mittenwald nach München zu kommen, von wo aus die Regimenter in den Krieg ziehen:

Sie [die Gestalten des Regiments] ziehen vorüber und sind verschwunden,
Ich sehe den Sieg, nicht Tod und Wunden,
Und sehe Tränen in jedem Blick –
So weint nicht die Sorge, so weint das Glück.
Ich werde stumm. Noch jubeln die Stimmen,
Und während sie ferne schon halb verschwimmen,
Lacht mir mein Sohn in die Augen hinein:
„Ach, Vatti, wie ist das Leben fein!“ [...]

(Ebda., S. 20)

Dem gegenüber steht Ganghofers persönlicher Frust über die Ablehnung seiner freiwilligen Kriegseinsatzmeldung in dem gleichnamigen Gedicht Ablehnung: „Sie wollen mich nicht nehmen, / Sie meinen, ich wär zu alt [...].“ Sein einziger, widerspenstiger Trost bleibt deshalb die Poesie – und mit ihr die ihm später aufgetragene Kriegsberichterstattung: „Darf meine Faust nicht fechten, / So spring' ich schreiend hervor / Und schmettre mit Wut und Feuer / Die hagenbüchene Leyer / Den Fremden um Maul und Ohr.“ (Ebda., S. 42f.)

Über die literarische Qualität der Verse braucht man sich nichts vorzumachen – sie sind problematisch, nicht zuletzt wegen ihres vorbehaltlosen nationalistischen Gehalts. Darüber hat sich auch die zeitgenössische Münchner Satirezeitschrift Zwiebelfisch lustig gemacht. In ihrer Rubrik „Allerlei aus Kriegszeiten“ ist folgender Dialog zu lesen: „Achilleus zu Hindenburg: Mit deinem russischen Feldzug verglichen war mein trojanischer Krieg nur eine Rauferei! / Hindenburg zu Achilleus: Immerhin, den deinigen besang Homer, den meinen ... Ganghofer!“ (zit. n. Wilhelm, Hermann [2013]: München im Ersten Weltkrieg, S. 75)

(Braito, Emil Karl [2005]: Ludwig Ganghofer und seine Zeit, S. 471-482)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik