Die Kommunebewegung

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August Kühn 1985 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe)

Die Aufhebung des Privaten sollte neue Möglichkeiten revolutionärer Praxis in Westeuropa einleiten. Ausgehend von der Vereinsamung und Manipulation des Menschen sollte durch gemeinsame solidarische Wohn- und Lebensweisen der Widerspruch zwischen politisch-revolutionärem Anspruch und bürgerlichen Verhaltens- und Existenzweisen aufgelöst werden. Am Ende des Wochenendes in Kochel wurde deshalb beschlossen, in Berlin eine Kommune zu gründen. Drei von ihnen, Manfred Hammer, Dieter Kunzelmann und Dagmar Seehuber, hielten sich daran. Vom Spätsommer 1966 an trafen sich die Entschlossenen mehrfach außerhalb des SDS und es stießen in der Folgezeit weitere dazu, denen die ängstliche Betulichkeit des SDS auf die Nerven ging: Fritz Teufel, Rainer Langhans, Ulrich Enzensberger. Gemeinsam war den Initiatoren der Kommunebewegung die Verachtung für den bloßen Seminarmarxismus. Mit ihren provokanten Aktionen zogen sie bald die Aufmerksamkeit der Medien auf sich. Für die braven Bürger wurde die Kommune 1 Projektionsfläche aller Ängste und Fantasien.

Seit April, genauer seit dem Besuch des US-Vizepräsidenten in dieser Stadt West-Berlin, hatte es sich unter Studenten, auch durch Zeitungen und Fernsehen verbreitet wie ein Buschfeuer in der Bevölkerung: ein Gerücht von absoluter Unmoral, oder, bayerisch, einer unbändigen Sauerei – Kommune I, wo der rothaarige gottvergessene Kunzelmann mit einigen anderen, von denen noch  dazu einer Teufel hieß, und mehreren jungen schandbaren Weibern wild zusammenlebte in einer Wohnung, alle kreuz und quer miteinander schliefen und schmutziges Geschirr benützten. Letzteres besonders verbreitete das meistgelesene Massenblatt der Republik, um die Mehrheit von ordentlichen Hausfrauen gegen diese „langhaarigen Affen“ gehörig einzunehmen.

(August Kühn: Die Abrechnung. Roman. W. Ludwig Buchverlag, Ulm 1990, S. 93)

Berühmtestes Gesicht der Kommune 1 war das Münchener Fotomodell Uschi Obermeier. Nach Ende der Kommune in Berlin gründete sie zusammen mit dem Kommunarden Rainer Langhans in der Giselastraße in München-Schwabing die „Highfish-Kommune“.

Nicht Hai, sondern High.

Eine Art Künstlerkommune, eine Medienkommune.

Wie der Name sagt, ging es um Drogen; um die Rettung und Weiterentwicklung dieses Hochgefühls, um die schönen Gegenstände, um ein bisschen Kunst. Überlegungen, die es in Berlin schon gab, haben wir in München zu realisieren versucht: die Idee eines Popkonzerns, so habe ich das genannt.

(Rainer Langhans: Ich bin´s. Die ersten 68 Jahre. Blumenbar Verlag, München 2008, S. 111)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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