Erich Mühsam II

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbthemes/2014/klein/rebell_hoff-7813_240.jpg
Inszenierte Propagandaaufnahme April 1933 KZ Oranienburg (Bayerische Staatsbibliothek/Hoffmann)

Auch Erich Mühsam hatte Bayern Mitte der 1920er-Jahre verlassen. Er lebte nun in Berlin und warnte vor dem aufkommenden Nationalsozialismus. Doch während dieser täglich neue Anhänger gewann, blieb die Arbeiterschaft zu Mühsams Entsetzen zerstritten.

Wir stehen in aller Eindeutigkeit vor der Alternative, ob die proletarische Revolution den Faschismus, und der bedeutet einen Weltkrieg, rechtzeitig verhindern wird, oder ob erst ein grauenhaftes Völkergemetzel bei vollständiger Versklavung der Arbeiter und bei Ausrottung ganzer Bevölkerungen weiter Gebiete durch Giftgas und Verhungern jahrelang wüten muss, um endlich doch die Revolution herbeizuführen, die das Verbrechen verhindern konnte.

(Erich Mühsam: Tagebücher 1910-1924. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995, S. 372)

Am 30. Januar 1933 übernahm Adolf Hitler die Macht. Am 26. Februar 1933 hielt Erich Mühsam vor dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller seine letzte Rede: „Und ich sage euch, dass wir, die wir hier versammelt sind, uns alle nicht wiedersehen. Wir sind eine Kompanie auf verlorenem Posten. Aber wenn wir hundertmal in den Gefängnissen des Dritten Reiches verrecken werden, so müssen wir heute noch die Wahrheit sagen, hinausrufen, dass wir protestieren. Wir sind dem Untergang geweiht.“ (Erich Mühsam: Rede im Schutzverband Deutscher Schriftsteller. 26. Februar 1933. In: Chris Hirte: Erich Mühsam. Ihr seht mich nicht feige. Biografie. Verlag Neues Leben, Berlin 1985, S. 437)

Einen Tag nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 wurde Mühsam verhaftet. Für die Nationalsozialisten war ein Mann wie Mühsam Hassobjekt Nummer eins: Anarchist, Kommunist, Jude, Räterepublikaner, „Novemberverbrecher“. Nachdem er verschiedene Gefängnisse durchlaufen hatte, wurde er ins Konzentrationslager Sonnenburg bei Küstrin an der Oder verlegt. Hier, wo auch Carl von Ossietzky gefangen gehalten wurde, wurde er schwer misshandelt. Bei einem ihrer selten erlaubten Besuche fand seine Frau Zenzl ein körperliches Wrack vor.

Am 8. September 1933 wurde Mühsam ins KZ Brandenburg verlegt. Fünf Monate später ins KZ Oranienburg. Am 1. Juli 1934 übernahm die SS das Lager. Das neue Wachpersonal gehörte zur Leibstandarte Adolf Hitlers und stammte aus Bayern. Nur zwei Tage nachdem er seinen Dienst angetreten hatte, forderte der neue Lagerkommandant Erich Mühsam auf, sich umzubringen. Dieser weigerte sich standhaft. Daraufhin machten die SS-Schergen kurzen Prozess. Am Morgen des 10. Juli 1934 fanden Mithäftlinge Erich Mühsam erhängt an einem Latrinenpfahl.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl