„Verbrennt mich!“ – Oskar Maria Graf

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Bücherverbrennung 10. Mai 1933 (Bayerische Staatsbibliothek/Hoffmann)

Weltberühmt wurde in diesem Zusammenhang der Aufruf von Oskar Maria Graf, der zu seinem Entsetzen feststellen musste, dass die Nationalsozialisten seine Bücher nicht verbrannt hatten:

[...]

Laut Berliner Börsencourier stehe ich auf der ‚weißen Autorenliste‘ des neuen Deutschlands, und alle meine Bücher, mit Ausnahme meines Hauptwerkes Wir sind Gefangene, werden empfohlen: Ich bin also dazu berufen, einer der Exponenten des ‚neuen‘ deutschen Geistes zu sein! Vergebens frage ich mich: Womit habe ich diese Schmach verdient?

[...]

Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach!

(Oskar Maria Graf: Unter Vorzensur. Arbeiter-Zeitung. Zentralorgan der Sozialdemokratie Deutschösterreichs. Nr. 130. Wien, 12. Mai 1933, 46. Jahrgang)

Oskar Maria Grafs Aufruf beeindruckte einen anderen deutschen Dichter so sehr, dass er ein Gedicht dazu verfasste:

Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben
Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
Verbrannten studierend, entsetzt, daß seine
Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch
Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
Verbrennt mich! [...]

(Bertolt Brecht: Die Bücherverbrennung. In: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 694)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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