Bewertung der Ereignisse

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Sendlinger-Tor-Platz/Müllerstraße: Beisetzung von Kurt Eisner am 26. Februar 1919 (Bayerische Staatsbibliothek/Hoffmann).

Im November 1918 wurde das deutsche Kaiserreich durch eine Revolution zur Republik. Der interessanteste Versuch einer Neuordnung vollzog sich im katholisch-konservativen Bayern, das zum Experimentierfeld divergierender Gesellschaftsutopien wurde.

Die Revolution in Bayern verlief anders als im übrigen Deutschland. Anders als in Berlin fiel die Revolution in München nicht von Anfang an in die Hände ihrer Feinde; anders als im übrigen Reich war sie nicht das Werk führerloser Massen. Sie hatte eine Führung und einen Führer: Kurt Eisner – einen Mann, der, mit keiner Organisation hinter sich, drei Monate lang die Situation in seinem Lande souverän beherrschte, dank einer einzigartigen Mischung von Einfallsreichtum und Tatkraft, Idealismus und listenreicher Wendigkeit, witterndem Feingefühl und Härte im Nehmen. Solange Kurt Eisner lebte war die Revolution in Bayern sowohl erfolgreich wie unblutig!

(Sebastian Haffner: Die deutsche Revolution 1918/19. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachfahren, München 1991, S. 169)

Schöpferisch wie sie war, ersetzte die Revolution die alte Ordnung gegen eine neue. Der Publizist Sebastian Haffner, einer der profiliertesten Chronisten der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, schrieb 1979 in seiner berühmten Abhandlung über sie:

Noch heute gibt es viele die die Revolution von 1918 leugnen wie einen Schandfleck der nationalen Geschichte. Aber die Revolution ist kein Schandfleck. Sie war – besonders nach vier Jahren Hunger und Ausblutung – eine Ruhmestat. Ein Schandfleck ist der Verrat, der an ihr verübt wurde.

(Sebastian Haffner: Die deutsche Revolution 1918/19. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachfahren, München 1991, S. 213)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl