Lou Andreas-Salomé

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Lou Andreas-Salomé, Fotographie 1897, aus: Gertrud Bäumer: Gestalt und Wandel. (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Die Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé (1861-1937) lernte die Werke Henrik Ibsens schon früh kennen – sogar noch bevor die Übersetzungen ins Deutsche verfügbar und die Stücke in Deutschland aufgeführt worden waren, denn ihr Mann Friedrich Carl Andreas übersetzte sie für sie. Wenn sie Ibsens Stücke auf der Bühne sah oder sich die deutschen Übersetzungen von ihrem Mann vorlesen ließ, hatte sie oft das Gefühl, mit ihrer eigenen Lebensgeschichte konfrontiert zu werden. Ihre Ehe gestaltete Lou Andreas-Salomé ganz nach ihren Vorstellungen. Als sie 1887 den Heiratsantrag ihres Mannes annahm, geschah das nur unter der Bedingung, dass es keine sexuelle Beziehung zwischen ihnen geben würde. Wie ernst Andreas die Forderung seiner Angebeteten nahm, ist nicht bekannt. Lou Andreas-Salomé hatte zahlreiche Liebes- und Freundschaftsbeziehungen, eine besonders intensive mit Rainer Maria Rilke, die 1897 in München begann.

Ibsen fungierte für sie als eine Art Stichwortgeber ihrer eigenen Rebellion. 1892 veröffentlichte sie ihr Werk Henrik Ibsens Frauengestalten, das sie ihrem Mann widmete. Wie ließen sich Ehe und eigenständige weibliche Lebensentwürfe miteinander verbinden, lautete ein der zentralen Fragen, die sie an Ibsens Stücke und seine Protagonistinnen stellte: Ein Puppenheim, Gespenster, Die Wildente, Rosmersholm, Die Frau vom Meere, Hedda Gabler. Ihre Art der Auseinandersetzung mit dem Seelenleben der Menschen und vor allem ihre Betrachtung seelischer Konflikte als produktive Elemente zur Entwicklung der Persönlichkeit zeigen, dass sie sich damals bereits auf dem Weg zur Freudschen Psychoanalyse befand.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt