Jean Giraudoux über München V

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Peter Kreuder mit den Tillergirls, 1921 (Monacensia München)

Es war nachts und am Vorabend des Faschings. Alle verderblichen Mächte Bayerns hatten zu dieser Stunde ihre jugendlichsten Formen angenommen und waren auf der Straße wie auf dem Ball des Volkstheaters, wohin mich mein Lehrer, der am Eingang zwei Dominos für uns auslieh, mitnahm, allesamt maskiert. Der Ball begann. Die Logen der Barone und Bankiers hatten ihre Zugbrücken bis ins Parterre heruntergelassen und begünstigten den Austausch von fast nackten Körpern, die nur durch die Verzierung mit einer Stecknadel oder einem Gürtel als Bajadere oder Pique Dame zu identifizieren waren.

Jean Giraudoux, Siegfried oder Die zwei Leben des Jacques Forestier, 1920 (Zit. aus: Jean Giraudoux: Siegfried oder Die zwei Leben des Jacques Forestier. Berlin, Frankfurt a. Main, Wien  1962, S. 96f.)

 

Jean Giraudoux (1882-1944), französischer Dichter; Aufenthalt in München: 1905, 1906 und 1914

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek