Antonios Sigalas über München

Antonios Sigalas erzählt beim Abschied aus München, wie es für ihn war, als er am 27. Oktober 1910 am Nachmittag am Münchner Hauptbahnhof ankam:

In München bin ich mutterseelenallein angekommen, ohne von jemandem empfangen zu werden und ohne ein Wort Deutsch zu können. Meine Personalien bestanden aus einem einfachen Taufzeugnis, das ich am letzten Tage meiner Abreise von Griechenland aus Vorsicht mir hatte ausstellen lassen ... Meine Wohnung hatte man mir in Griechenland auf einem Papier aufgeschrieben; diesen Fetzen zog ich am Bahnhof gleich heraus und gab ihn einem blonden Packträger, der sofort merkte, wohin die Reise führen sollte ... Beim Fahren hatte ich Angst, ob der Kutscher mich wohl in die richtige Wohnung brächte. Diese Angst aber war gleich vorbei, denn wir waren in wenigen Minuten vor dem Gasthaus. Auch wusste ich schon von Griechenland her, dass der Deutsche ehrlich sei und ich nicht zu fürchten brauchte, dass es einem Kutscher in München je einfallen würde, den Fremden zuerst ein paar Mal am Ziele vorbeifahren zu lassen, um den Tarif etwas höher zu machen, wie es z. B. in Italien vielfach geschieht.

Antonios Sigalas, Erinnerungen, 1910 (Zit. aus: Antonios Sigalas. Die ersten Eindrücke eines Griechen in München, zum Abschied geschrieben. In: Anton Mayer-Pfannholz: Deutsches Alpenland. Ein Heimatbuch. Leipzig 1937, S. 137f.)

 

Antonios Sigalas, griechischer Schriftsteller; Lebensdaten und Aufenthalt in München: unbekannt

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek