Kunstgeschrei

Zu Hause bei der Großmutter trifft der Kinoerzähler nicht nur auf Unverständnis, sondern sogar auf Ablehnung. Sie verachtet seine Gedichte und „Kritzeleien“, die keinen Pfennig einbringen, sondern sogar Ausgaben verursachen. Sie wirft ihm vor, sich nicht um die wirklichen Probleme des Alltags zu kümmern.

Für sie ist er kein „Redekünstler“, sondern ein „Meister kurzatmiger Gefühle“. Einen Film nach dem anderen in sich hineinzufressen und dabei ein bisschen zu plaudern und auf dem Klavier zu klimpern, sei keine Arbeit. Sie wirft ihm vor, ohne Fleiß und ohne Begabung zu sein. Das einzige, was er vom Künstler habe, sei der Drang, beeindrucken zu wollen.

„Er ist so faul, sagte die Großmutter, dass man die Jahre nicht zählen kann, wo er richtig, das heißt‚ mit den Händen’ gearbeitet hat. Was soll all das Kunstgeschrei, wo die Sache so einfach ist. Er will nicht zugreifen, das ist alles!“

(Der Kinoerzähler)

Die Großmutter hat kein Verständnis für die Arbeit ihres Mannes. Absurd erscheint es ihr, Geschichten über „Schattenwesen“ zu erfinden, statt einer geregelten Arbeit nachzugehen. Der Großvater gebietet ihrer Kritik Einhalt:

„Großvater: Rühr sie nicht an, die Schattenwesen! Die Berührung kann tödlich sein!

Großmutter: (verächtlich) Schattengeschichten, wo diese Schattenwesen Schattengespräche führen und Schattengedanken denken, die im richtigen Leben nie einer gedacht hat, sondern die ausgeschwitzt sind und die nun auf dem Papier stehen. Wer will denn Gedichte lesen, jetzt, wo mit großen Schritten ein Krieg auf uns zukommt?

Großvater: (ruft) Ich, ich!“

(Der große Stunk)

Der Vorwurf, er sei der einzige, lässt ihn unbeeindruckt.

„Großvater: Es gibt nichts Schöneres auf der Welt, als von dem Getriebe einen Schritt zurückzutreten und sich mit solchen Wesen abzugeben. Nichts Höheres! Sie atmen tief aus und ein. Sie verströmen die heilige Wahrheit!

Großmutter: Ja, der Mann ist vernarrt in Luftgeschichten und vernachlässigt seine Pflichten als Familienvater wegen so etwas Nichtigem und Überflüssigem wie seinen Gedichten, nur weil sie angeblich höher als die Wirklichkeit sind! Jetzt, mit Panzern vor der Tür! Jetzt, vor einem Krieg! Da, er fängt schon wieder an. Gleich sagt er wieder ‚ Kunst‘!

Großvater: Ich verbiete dir, in meinem Haus dieses Wort überhaupt auszusprechen!“

(Der große Stunk)

Verfasst von: Gunna Wendt