E.T.A. H...

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© Thomas Lang

E.T.A. Hoffmann, E.T.W. Hoffmann und die Stadt B... oder die Städte B... Vielleicht hatte der Autor ein Faible für Abkürzungen, anderseits war das Abkürzen von Namen existierender Städte, ein Art Halbfiktionalisierung, zu Hoffmanns Zeit eine Manier. B... kann, so weit ich mich erinnere, bei Hoffmann Berlin bedeuten, wo er als junger Mann und später bis zu seinem Tod lebte, oder eben Bamberg. Hier weilte er von 1808 bis 1813. Er kam als Komponist, seinen dritten Vornamen Wilhelm hatte er zu Ehren Mozarts abgelegt und sich stattdessen Amadeus getauft. Viel Glück hat es ihm nicht gebracht. Die Stelle als Musikdirektor in B... wurde er gleich wieder los und als Gesangstundenlehrer verliebte er sich unglücklich in das junge Fräulein Julia Marc, eine Großtante des Malers Franz Marc. Auf einem Aquarell von Marcs Großvater Moritz blickt die holde Julia durchaus kokett in die Augen des Betrachters.

Seiner polnischen Frau Mischa blieb das nicht verborgen, obwohl er seine Liebesqualen im Tagebuch verklausulierte - „enthusiasmo mit Ktch beinahe den höchsten Grad erreicht. Abends Pipicampu und geistiger Ehebruch,“ schrieb er an ihrem 15. Geburtstag in sein Tagebuch. Ktch steht für Käthchen von Heilbronn und ist eine Chiffre für Julia M... „Pipicampu“ bleibt (mir jedenfalls) rätselhaft, der geistige Ehebruch weniger.

Das Museum befindet sich in einem schmalen Häuschen, zwei Fenster breit und drei niedrige Etagen hoch. Die Hoffmanns mieteten die beiden Stockwerke, „mit herrlicher Aussicht in Berg und Tal.“ – „Auch ein Poetenstübchen dabei!“, schwärmte H...; es war andererseits eine bescheidenere Wohnung als die erste, die er sich nicht mehr leisten konnte.

Heute ist das ganze Haus samt Garten dem Dichter gewidmet. Unten gibt es eine Ausstellung, die Hoffmanns Spiegelbildnerei sinnfällig macht, und oben derzeit eine über Hölderlin. In jedem Stockwerk ist reichlich Desinfektionsmittel vorhanden. Abstand zu halten, ist kein Problem - lange Zeit bin ich der einzige Besucher und nur ganz oben hält sich noch ein Paar auf, das bald nach meinem Erscheinen den Weg nach unten wieder antritt. Ich frage die Aufseherin, was sich durch die Pandemie verändert habe. „Wissen Sie“, erwidert die Frau, „wir haben hier ohnehin nicht die großen Besucherströme.“ Sie sagt es netter und direkter, aber ich schreibe es mir nicht auf.

Das Museum ist nicht sonderlich reich ausgestattet, es gibt ein paar wenige zeittypische Möbel und natürlich die Infotafeln, die das Bamberger Leben des Dichters beleuchten sollen. Kurios ist ein riesiges Sprachrohr, mit dem Hoffmann von der nahen Altenburg herab unliebsamen Besuchern gelegentlich „Flüche und Schimpfworte“ (so ein SZ-Artikel) hinterhergerufen haben soll. Der Mann war nicht nur, wie die Tafel auf der Fassade vermerkt, „Dichter, Componist und Maler“, er war auch ein Schalk. Durch ein heute noch zu sehendes Loch in der Decke, das die Wärme aus dem Wohnzimmer in die Dachstube ließ, neckte er sein Frau „bald durch das Herabhängen eines langen Handtuchs oder Herabwerfen eines Stiefelpaars“ und dergleichen mehr.

Verfasst von: Thomas Lang