Gefeiert am Zürcher Schauspielhaus, an den Münchner Kammerspielen und am Berliner Ensemble

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Therese Giehse bei den Dreharbeiten zur BR-Fernsehproduktion „Münchner Geschichten“ von Helmut Dietl 1974 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe)

Therese war es, die sich nach den Misserfolgen der Peppermill in Amerika als erste für die Rückreise nach Europa entschied. Am 5. Januar 1937 hatte die Premiere der Peppermill in Dachtheater des Chanin-Building an der 42. Straße in New York stattgefunden. Doch der ersehnte Erfolg war ausgeblieben. Gründe dafür waren die nicht gelungenen Übersetzungen einiger Texte, die ungenügenden Englischkenntnisse der meisten Darsteller und das Format der Veranstaltung. Literarisches und politisches Kabarett war den Amerikanern fremd. Erika Mann erklärte ihrer Mutter: „Cabaret ist dem amerikanischen Menschen nicht bekannt –, man war etwas betreten, dass da keine rechten girls mitwirkten.“ Was die Pfeffermühle präsentierte, war zu „outlandish“ für die meisten Amerikaner. In der New York Times wurde nur Erika, die „gewinnende Ansagerin mit feurigen Augen und lebhaftem Temperament“ lobend erwähnt.

Therese Giehse sah künstlerisch keine Zukunft für sich in Amerika und begann sich emotional zunehmend von Erika zu entfremden. „Für ein Zusammenleben gibt es keine Regeln“, erklärte sie viele Jahre später im Gespräch mit Monika Sperr. „Was möglich ist, das lebt man zusammen. Und im Übrigen muss jeder tun, was er für gut und richtig hält. Jeder hat einen eigenen Weg.“

Ihr Weg führte sie zurück nach Europa. Sie verließ Amerika „sehr traurig und verärgert“. Als ihr Schiff am 12. Februar 1937 in Cherbourg anlegte, wartete dort schon ein Telegramm des Zürcher Schauspielhauses auf sie. Am nächsten Tag traf sie in Zürich ein und stand einen Monat später bereits in ihrer ersten Premiere auf der Bühne. In Marianne Riesers Theaterstück Turandot dankt ab spielte sie die Zelima. Eine Woche später folgte schon die Rolle der Lona Hessel in Henrik Ibsens Die Stützen der Gesellschaft. In Zürich sah man sie wieder als Marthe, Frau John und Mutter Wolffen. Sie übernahm bis zu zwölf Rollen pro Saison. Zu den Höhepunkten ihrer Schauspielerinnenkarriere gehörte die Uraufführung von Bertolt Brechts Mutter Courage und ihre Kinder am 19. April 1941 am Zürcher Schauspielhaus. 1949 ging sie an die Münchner Kammerspiele, wo sie bis 1973 zum Ensemble gehört. Von 1949 bis 1952 war sie auch Mitglied des Berliner Ensembles. Die erste Premiere, die sie in München spielte, war Gerhart Hauptmanns Biberpelz am 22. September 1949. 1956 verkörperte sie am Zürcher Schauspielhaus die Titelrolle in Friedrich Dürrenmatts Besuch der alten Dame. Dürrenmatt widmete ihr sein Stück Die Physiker, das am 21. Februar 1962 uraufgeführt wurde. Am 27. Juni 1966 gab sie am Münchner Cuvilliéstheater ihren ersten Brecht-Abend, dem weitere folgten. Mit dem 3. Brecht-Abend bestritt sie umfangreiche Tourneen. An den Münchner Kammerspielen sah man sie außerdem in den Stücken des jungen Martin Sperr: 1967 als Martha in Landshuter Erzählungen und 1970 als Barbara in Jagdszenen aus Niederbayern. Daneben wirkte sie in einigen Filmen mit, darunter Géza von Radványis Mädchen in Uniform (1958) und Louis Malles Lacombe Lucien (1974).

Einem breiten Fernsehpublikum bekannt wurde sie 1974 durch die Vorabendserie Münchner Geschichten unter der Regie von Helmut Dietl und Herbert Vesely, in der sie Anna Häusler, die eigensinnige Oma des Lebenskünstlers Tscharlie, verkörperte. Die 9 Episoden schildern den Zeitgeist der Stadt in den 1970er-Jahren, der geprägt ist vom allmählichen Verschwinden Alt-Münchens.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Gunna Wendt