Karl Valentin im Comic

„Grotesk-komisches Gesamtkunstwerk“, so die Einschätzung der Direktorin des Valentin-Karlstadt-Musäums über den Münchner Komiker im Vorwort des Bandes Karl Valentin. Sein ganzes Leben in einem Comic (2012). Ein wenig trifft dies auch auf die Comic-Anthologie zu. Die von verschiedenen Zeichnern und Autoren verfassten 19 Episoden aus dem Leben des Künstlers sind die zweite Zusammenarbeit des Comic-Vereins Comicaze mit dem Volk Verlag München.

Genauso breit wie das Wirkungsfeld Karl Valentins (alias Valentin Ludwig Feys) ist die Palette der Herangehensweisen und Zeichenstile. So wird der Band selbst zu einer Form von valentineskem Panoptikum. Sowohl die Höhen als auch Tiefen des privaten und beruflichen Schicksals Valentins werden in der grafischen Biographie aufgegriffen. Dass der Band trotzdem eine Einheit bildet, ist auch der grundlegenden Konzeption geschuldet: Jede der chronologisch geordneten Geschichten beginnt mit einem dazu passenden Valentin-Zitat, das sowohl als Einstimmung wie auch als Kommentar des Folgenden fungiert. Gleichzeitig wird hier natürlich die typische Sprachakrobatik des Verfassers aufgegriffen. So ist auch der ganze Band stark von Originalton-Material geprägt, was ihm aber einen spezifischen Reiz verleiht, fast als wäre man beim Lesen in einem neuen Valentin-Stück. Dennoch bliebe dem Betrachter mancher biographische Exkurs ohne nähere Vorkenntnisse wohl eher fremd. Da erweist sich der sechsseitige historische Abriss von Alfons Schweiggert als besonders hilfreich für all diejenigen, die zwar den Künstler, aber weniger den Menschen Karl Valentin kennen.

Von Kinderstreichen, dem Scheitern mit dem Orchestrion über die Zusammenarbeit mit Liesl Karlstadt und das filmische Schaffen bis hin zum einsamen und verarmten Ende reicht der Bilderbogen. Weder Reisefurcht noch Hypochondrie werden ausgespart, auch finanzieller Ruin und der Selbstmordversuch von Liesl Karlstadt sind Thema. So liegt insgesamt, abgesehen von den Kinderabenteuern, bisweilen der Schwerpunkt eher beim Scheitern, oder sagen wir bei der Komplexität der Figur, dem Gesamtkunstwerk Karl Valentin, als bei seinen Erfolgen. Dass der Comic dennoch Humor beweist, liegt wohl auch daran, dass er sich der Komik des Vorgeführten annähert. Wie es Josef Müller-Marein bereits 1961 in der ZEIT formulierte: „[E]r legte die Details des Lebens unter ein Mikroskop: jetzt wurden sie so riesig groß, daß er erschrak. Worauf er das Unheimliche mit Mitteln der Logik zu bekämpfen versuchte. Und in dieser Logik steckte dann der Humor.“

Auffallend ist, dass etwas wegfällt – die private (Liebes-)Beziehung von Karl Valentin und Liesl Karlstadt: „Doch in einer anderen Sache kommen die beiden Feuerköpfe nicht zusammen. Jedenfalls nicht offiziell.“ (S. 39) Begleitet wird der Text von einem Panel, das Valentin zeigt, wie er Karlstadt mitteilt, dass er morgen nicht proben kann, weil er heiratet. Der Leser kann sich seinen Reim darauf machen – oder eben nicht.

 

Quelle:

Frank Cmuchal; Jan Reiser (Hg.): Karl Valentin. Sein ganzes Leben in einem Comic. Volk Verlag, München 2012.

 

Externe Links:

Interview zum Comic auf ComicRadioShow

ZEIT-Artikel Der Humor der Angst

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Ingold Zeisberger