Wunsiedel

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Der Jean Paul-Platz in Wunsiedel mit dem Geburtshause Jean Pauls (c) Dr. Peter Seißer

Kleine Historie

Die erste urkundliche Erwähnung Wunsiedels datiert auf das Jahr 1163. Schon 1326 erhält der Edelsitz auf der Waldwiese (»wun« = Waldwiese, »sedel« = Edelsitz) das Stadtrecht: Der Nürnberger Burggraf Friedrich IV. etabliert die Stadt als Bergbau-Zentrum des Fichtelgebirges. Dieser Blütezeit verdankt sich der Bau des Hospitals Mitte des 15. Jahrhunderts, in dem sich heute das Fichtelgebirgsmuseum befindet.

Als das Sechsämterland 1613 zentralisiert wird, ernennt man Wunsiedel zum Hauptsitz aller Ämter. In der Folge wandelt sich die Zusammensetzung der Bürgerschaft: Statt aus Händlern und Handwerkern besteht sie nun aus Beamten und Akademikern. Im Geiste der Aufklärung bilden sich Gesellschaften zur Wahrung der kulturellen Identität der Stadt - auch und gerade, nachdem ein Brand im Juli 1731 die Stadt fast völlig vernichtet. Einer dieser Gesellschaften verdankt man die Erschließung der nahe bei Wunsiedel gelegenen Felsenlandschaft Luxburg als Theaterspielstätte. 1785 kommt Johann Wolfgang Goethe nach Wunsiedel, um in dem steinernen Labyrinth Naturstudien zu betreiben. 1805 besucht König Friedrich Wilhelm III von Preußen mit seiner Frau Luise das fortan »Luisenburg« genannte Naturdenkmal.

Im Februar 1763 - vier Wochen, bevor in Wunsiedel Johann Paul Friedrich Richter geboren wird - stirbt in Bayreuth der Markgraf Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth. Der »Vielgeliebte« hat das Fürstentum beinahe 30 Jahre regiert. Als aufgeklärter Herrscher förderte er Wissenschaft und Kunst. Mehrfach soll Markgraf Friedrich III. mit Unterstützung seiner Frau Wilhelmine versucht haben, im Siebenjährigen Krieg zu vermitteln. Erst kurz vor seinem Tod wird dieser Krieg durch den am 15. Februar 1763 geschlossenen Frieden von Hubertusburg beendet, den Jean Paul in seiner SELBERLEBENSBESCHREIBUNG als historischen Kontext seiner Geburt erwähnt.

[Jean Paul, SELBERLEBENSBESCHREIBUNG]

Ich [...] hebe besonders den Umstand heraus, daß ich in Wonsiedel (unrichtiger Wunsiedel), einer Stadt am Fichtelgebirge, geboren bin. Das Fichtelgebirge, fast die höchste Gegend Deutschlands, gibt seinen Anwohnern Gesundheit (sie können am ersten das Alexandersbad entbehren) und starken hochgebaueten Wuchs; und der Professor läßt seine Zuhörerinnen entscheiden, ob er in seiner Lehrkanzel als Bestätigung davon oder als Ausnahme erscheint. Verdrüßlich ists übrigens für einen Mann, der am liebsten in seiner Geburtstadt sich einen Namen machen will, daß die Wonsiedler gerade das R bei Mitte und Ende der Wörter verschlucken, mit welchem doch bekanntlich der Name Richter beginnen und beschließen muß. Übrigens standen von jeher die Wonsiedler mit den Lorbeerkränzen der Kriegtapferkeit da, die ich von ihnen als meinen Geburtstadt-Ahnen mir wünschen muß; und es ist hinlänglich bekannt, wie sie den Hussiten widerstanden und obgesiegt; und ich bin, wenn man statt der Hussiten Rezensenten setzt, vielleicht nicht aus der tapfern Art geschlagen, wenn man meine Siege über meine Feinde zählen will, vom Hussiten Nicolai an bis zum Hussiten Merkel. - Von jeher war in Wonsiedel, der sechsten Stadt in den sogenannten Sechsämtern, wenigstens für Patriotismus und für Vereine zu Hülfe und zu Recht, ein sechster Schöpfungtag und deutsche Treue und Liebe und Kraft hielten sich da auf. - Ich bin gern in dir geboren, Städtchen am langen hohen Gebirge, dessen Gipfel wie Adlerhäupter zu uns niedersehen! - Deinen Bergthron hast du verschönert durch die Thronstufen zu ihm; und deine Heilquelle gibt die Kraft - nicht dir, sondern dem Kranken, hinaufzusteigen zum Thronhimmel über sich und zum Beherrschen der weiten Dörfer- und Länderebene. - Ich bin gern in dir geboren, kleine, aber gute lichte Stadt! -

Jean Paul und Wunsiedel

In Wunsiedel wird Jean Paul als Johann Paul Friedrich Richter im März 1763 geboren. Die Familie lebt jedoch kaum zwei Jahre dort, da erhält der Vater Johann Christian Christoph Richter im April 1765 die Pfarre in Joditz bei Hof zugesprochen; wenige Monate später zieht die mittlerweile vierköpfige - im Oktober 1764 wurde der zweite Sohn Johann Adam Christian geboren - Familie um. Berühmt wird Jean Pauls Wunsiedel-Lob in der SELBERLEBENSBESCHREIBUNG: »Ich bin gern in dir geboren, kleine, aber gute lichte Stadt!«, das an die aufklärerische Tradition der Stadt gemahnt.

In Jean Pauls Werk fällt der Name »Wonsiedel (unrichtiger Wunsiedel)« mehrmals. In der fiktiven Reisebeschreibung PALINGENESIEN (1798) etwa zitiert er seine Lieblingsfigur Leibgeber und dessen »Kursus durch Europa«, in dem auch Wunsiedel erwähnt wird. Im Angesicht der kleinen, lichten Stadt habe Leibgeber gefordert: »Liefert Biographen«. In der zugehörigen Fußnote erklärt Jean Paul diesen Ortsbezug mit der eigenen Geburt: »Er sagt es, weil ich da das Gesellschaftsspiel des Erdenlebens [...] anfing.«

Im November 1801 kündigt der Schriftsteller in einem Brief an Christian Otto eine »antiquarische Reise durch alle Wiegenbretter meiner Vorzeit« an: »Auf Neustadt und Wonsiedel freuet sich lechzend mein Herz.« Gut ein Jahr später schreibt er an Emanuel: »Froher kan der Mensch nicht sein als in Wonsiedel, wenn auch klüger«. Damit wird er recht behalten, denn als das preußische Königspaar eine Besichtigung des Wunsiedler Felsenlabyrinths Luxburg (danach: Luisenburg) im Jahr 1805 ankündigt, sieht Jean Paul seine Chance gekommen, endlich persönlich um finanzielle Unterstützung zu werben, und verfasst deshalb das Festspiel WECHSELGESANG DER OREADEN UND NAJADEN - offensichtlich kein Glücksgriff: Helmut Pfotenhauer spricht in seiner Jean-Paul-Biografie (Leseprobe) von der »Verständnislosigkeit« des Königspaars angesichts der Darbietung, und auch Bernhard Setzwein urteilt in seinem ABECEDARIUM (Leseprobe): »Man muß dieses Weihestück wahrlich nicht kennen«. Literarische Lobhudeleien und Ehrerweisungen sind Jean Pauls Sache offensichtlich nicht.

[Jean Paul, SELBERLEBENSBESCHREIBUNG]

Ich bin zu meiner Freude imstande, aus meinem zwölf-, wenigstens vierzehnmonatlichen Alter eine bleiche kleine Erinnerung, gleichsam das erste geistige Schneeglöckchen aus dem dunkeln Erdboden der Kindheit noch aufzuheben. Ich erinnere mich nämlich noch, daß ein armer Schüler mich sehr liebgehabt und ich ihn und daß er mich immer auf den Armen - was angenehmer ist als oft später auf den Händen - getragen und daß er mir in einer großen schwarzen Stube der Alumnen Milch zu essen gegeben. Sein fernes nachdunkelndes Bild und sein Lieben schwebte mir über spätere Jahre herein; leider weiß ich seinen Namen längst nicht mehr; aber da es doch möglich wäre, daß er noch lebte hoch in den Sechzigern und als vielseitiger Gelehrter diese Vorlesungen in Druck vorbekäme und sich dann eines kleinen Professors erinnerte, den er getragen und geküßt - - ach Gott, wenn dies wäre und er schriebe oder der ältere Mann zum alten käme! - Dieses Morgensternchen frühester Erinnerung stand in den Knabenjahren noch ziemlich hell in seinem niedrigen Himmel, erblaßte aber immer mehr, je höher das Taglicht des Lebens stieg; - und eigentlich erinnere ich mich nur dies klar, daß ich mich früher von allem heller erinnert.

Marcus Boshkow liest aus Jean Pauls SELBERLEBENSBESCHREIBUNG:

 

Jean Pauls Geburtshaus

Seit 1760 amtiert Johann Christian Christoph Richter als Tertius, d.h. als dritter Lehrer bzw. Subrektor (nach Rektor und Konrektor), in Wunsiedel. Mit seiner Frau Sophia Rosina bewohnt er eine Dienstwohnung im Erdgeschoß des Hauses neben der evangelischen Stadtkirche, in deren Diensten er als Lehrer und Organist ebenfalls steht. In dieser Wohnung, in der beheizbaren Stube neben der Küche, wird am 21. März nachts um 1.30 Uhr der erste Sohn des Ehepaars geboren und wenig später auf den Namen Johann Paul Friedrich getauft.

Nach dem Wegzug der Richters nach Joditz im August 1765 wird das Gebäude weiterhin von der lutherischen Gemeinde als Wohnhaus genutzt. Dennoch avanciert es schnell zum Gedenkort: In dem 1833 erschienenen »Taschenbuch für Reisende und Naturfreunde« DAS ALEXANDERSBAD, DIE LUISENBURG UND DIE UMGEBUNGEN DERSELBEN berichtet der Wunsiedler Lehrer Andreas Sommerer, dass Jean Pauls Geburtshaus oft von Reisenden besucht werde, »denen man auch die Stube, in welcher er getauft wurde - denn dies geschah nicht in der Kirche - zeigt, und die nicht selten Nägel aus der Wand oder Späne vom Fußboden als Reliquien mit sich nehmen.«

Als Sommerer dies schreibt, wurde das Haus gerade um eine Etage aufgestockt, es dient fortan als Schulhaus, im 20. Jahrhundert dann als Evangelisches Gemeindehaus; in dem ehemaligen Geburtszimmer, das überraschend wenige Veränderungen im Lauf der Jahrhunderte durchgemacht hat, fühlt sich die lutherische Jugend heimisch. Doch als eine Wohnung im zweiten Stock des Hauses frei wird, packt man die Gelegenheit beim Schopfe: Die Jugend zieht nach oben, der Raum im Erdgeschoß wird kreativ restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das kleine Geburtszimmer-Museum wird pünktlich zum 250. Geburtstag des Schriftstellers, am 21. März 2013 nachts um 1.30 Uhr, feierlich eröffnet. Herzstück der Ausstellung ist eine Medienstation, in der mehrere Filme abgerufen werden können. Sie reichen von der Geburt Jean Pauls, über sein Leben, seinen Nachruhm und verschiedene Lesungen aus seinen Werken bis zu einem Jean Paul Comic.

[Jean Paul, SELBERLEBENSBESCHREIBUNG]

Es war im Jahr 1763, wo der Hubertsburger Friede zur Welt kam und gegenwärtiger Professor der Geschichte von sich; - und zwar in dem Monate, wo mit ihm noch die gelbe und graue Bachstelze, das Rotkehlchen, der Kranich, der Rohrammer und mehre Schnepfen und Sumpfvögel anlangten, nämlich im März; - und zwar an dem Monattage, wo, falls Blüten auf seine Wiege zu streuen waren, gerade dazu das Scharbock- oder Löffelkraut und die Zitterpappel in Blüte traten, desgleichen der Ackerehrenpreis oder Hühnerbißdarm, nämlich am 21ten März; - und zwar in der frühesten frischesten Tagzeit, nämlich am Morgen um 1½ Uhr; was aber alles krönt, war, daß der Anfang seines Lebens zugleich der des damaligen Lenzes war.

Den letzten Einfall, daß ich und der Frühling zugleich angefangen, hab' ich in Gesprächen wohl schon hundert Male vorgebracht; aber ich brenn' ihn hier absichtlich wie einen Ehrenkanonenschuß zum 101ten Male ab, bloß damit ich mich durch den Abdruck außer Stand setze, einen durch den Preßbengel schon an die ganze Welt herumgereichten Bonmot-Bonbon von neuem aufzutragen.

Jean-Paul-Platz

Neun große Stadtbrände verzeichnet die Historie von Wunsiedel seit dem Mittelalter. Im Jahr 1834 fegt das Feuer letztmals durch die Stadt und legt zwei Drittel davon in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau und die Neugestaltung vor allem des Stadtkerns erfolgen in klassizistischem Stil. Schon 1835 wird beschlossen, den dabei entstehenden großzügigen Platz, der an die Kirche und das Geburtshaus Jean Pauls grenzt, in »Jean-Paul-Platz« umzubenennen und dem Schriftsteller dort ein Denkmal zu errichten.

Allein, das Geld in Wunsiedel ist in diesen Jahren knapp, da noch die Schäden des Stadtbrands beseitigt werden wollen. Unter Leitung eines Landrichters und des Bürgermeisters gründet sich deshalb ein »Verein zu Jean Paul Richters Denkmal«. Mit öffentlichen Annoncen macht man auf sich aufmerksam und bittet »Gelehrte, Künstler, edle Frauen, die Redactionen der Zeitungen und Zeitschriften und die deutschen Buchhandlungen« um Spenden. Doch das Geld fließt nur langsam in die Vereinskassen. Und obwohl »die Männer der Kunst, Professor Ludwig Schwanthaler und Erzgießerei-Inspektor Stiegelmaier zu München« zusichern, dass sie das »beabsichtigte Standbild von Bronze ohne Honorar, nur unter Berechnung der Auslagen, fertigen wollen«, sind andere schneller: 1841 erhält die Stadt Bayreuth für ihr geplantes Jean-Paul-Denkmal von König Ludwig eine überlebensgroße Jean-Paul-Statue aus Bronze geschenkt.

Auch der zur Grundsteinlegung geladene Kronprinz geht nicht auf die Spendenbitten des »Vereins zu Jean Paul Richters Denkmal« ein. So dauert es, bis das Geld für das mittlerweile von der Statue zur Büste dezimierte Denkmal zusammenkommt: Am 4. Juli 1845 langt das Bronze-Ebenbild endlich in Wunsiedel an. Die Stadt-Historikerin Elisabeth Jäger schreibt: »Die feierliche Einweihung fand am 8. Juli, dem Geburtstag der Königin Therese, statt. Aber auch diese weitere Ergebenheitsgeste dem Königshaus gegenüber blieb ohne klingenden Lohn.«

Jean-Paul-Brunnen

In Wunsiedel geht die Sage, dass vor vielen Jahren die Brunnen versiegten und Menschen wie Tiere großen Durst litten. Als das Wasser wieder floss, feierten die Wunsiedler dieses Ereignis, indem sie die hölzernen Röhrenkästen - in jeder größeren Gasse befand sich solch eine Quelle - putzten und mit Lichtern und Blumenkränzen schmückten. 1879 berichtet eine Lokalzeitung: »Am gestrigen Johannisabend wetteiferten verschiedene Personen an der herkömmlichen Beleuchtung und Decoration sämtlicher hiesiger öffentlicher Brunnen... Da der Abend ein sehr schöner war, bewegte sich auch eine sehr große Menschenmenge auf den Straßen, von einem Brunnen zum anderen ziehend«. Die Ähnlichkeit mit heidnischen Bräuchen wird zwar von den Stadtoberen nicht gern gesehen, sie können aber nicht verhindern, dass sich das Brunnenfest etabliert und jedes Jahr am Abend bzw. Wochenende vor dem 24. Juni stattfindet.

Längst gelten die über 30 Brunnen als Wunsiedler Wahrzeichen. Wie viel sie den Bürgern bedeuten, zeigt sich 1899, als die Röhrenkästen abgebaut werden sollen, da die Stadt an die Hochdruckwasserleitung angeschlossen wird: Die Bürgerschaft wendet sich lautstark gegen die Zerstörung der historischen Brunnen, die von der mittelalterlichen Wasserversorgung zeugen. Und so bleiben die Röhrenkästen erhalten. Nur wenig später wird der Brunnen auf dem Jean-Paul-Platz - der Nachfolger des 1515 auf dem Schlossplatz eingerichteten Kastens - dennoch abgebrochen, da er nurmehr als Abfalleimer dient.

In seiner ersten Sitzung nach Ende des Ersten Weltkriegs, im Februar 1919, beschließt der Wunsiedler Verkehrs- und Verschönerungsverein die Errichtung eines neuen Brunnens auf dem Platz, nur wenige Meter vor dem Geburtshaus. Schon im September desselben Jahres wird der von dem Architekten Otto Weiß entworfene Zierbrunnen eingeweiht. Der achteckige Wassertrog aus Granit ähnelt einem Zisternenbrunnen, auf den vier gedrechselten Holzsäulen ist ein Blechdach aufgesetzt. Seither nimmt auch der Jean-Paul-Brunnen alljährlich am Wunsiedler Brunnenfest teil.

Fichtelgebirgsmuseum

Auf Anregung des Apothekers Albert Schmidt beschließt der Fichtelgebirgsverein Wunsiedel im Januar 1907 die Einrichtung eines Museums, um Kultur, Brauchtum und handwerkliche Traditionen der Region zu bewahren und auszustellen. Das Museum eröffnet im November 1908 im ersten Stockwerk des Alten Lyzeums am Jean-Paul-Platz. Dank mehrerer öffentlicher Aufrufe kann es zu diesem Zeitpunkt bereits über 600 Objekte präsentieren. In den folgenden Jahren wächst der Bestand stetig, sodass bald auch das Erdgeschoß (um 1910) und das Dachgeschoß (um 1925) des Alten Lyzeums in Ausstellungsräume umgewandelt werden.

Ende der 1950er Jahre, so schreibt ein Rehauer Heimatforscher später, erscheint das Museum als »ein bis in die letzten Winkel eingelagertes Magazin, ein Depot, das aus Raummangel nicht einmal mehr eine systematische Lagerung zuließ«. Deshalb entschließt man sich zu einem ungewöhnlichen Tausch: Das Sigmund-Wann-Stift, ein im 15. Jahrhundert gegründetes Hospital, und seine Patienten werden im Alten Lyzeum untergebracht - während das Fichtelgebirgsmuseum in die Gebäude des Stifts einzieht. Die Eröffnung der neuen Räumlichkeiten wird im Juni 1964 gefeiert. 1979 erwirbt der Zweckverband mehrere Gebäude rund um den Museumshof zur Erweiterung des Museums, 1985 und 2000 kommen weitere angrenzende Häuser hinzu. Die Ausstellungsfläche beträgt heute weit mehr als 2.500 Quadratmeter.

Seit 1989 erinnert das Fichtelgebirgsmuseum in einem eigenen Raum an den Schriftsteller Jean Paul. Im Jahr 2005 stiftet der Förderverein des Fichtelgebirgsmuseum für dieses Gedenkzimmer, das 2014 in vergrößerter Form neu eröffnet wird, eine Büste Jean Pauls aus Wunsiedler Marmor, die von dem Bildhauer Wolfgang Stefan gefertigt wurde, der auch für die marmorne Jean-Paul-Büste im Joditzer Jean-Paul-Museum verantwortlich zeichnet.

Luisenburg

Es ist keine Überraschung, dass die Menschen das Felsenmeer nahe Wunsiedel einst fürchteten und annahmen, die wild-erhabene Ansammlung riesiger Steinblöcke sei bei einem Erdbeben oder einem Vulkanausbruch entstanden. Kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe erkennt im Jahr 1820: Tatsächlich sind Erosion und Verwitterung für das granitene Labyrinth mit seinen Höhlen und Schluchten verantwortlich.

Goethe besucht das Naturdenkmal erstmals 1785. Etwa zur selben Zeit beginnt dessen Erschließung durch Wunsiedler Bürger. Die »Luxburg« - wie das Gelände in Andenken an eine vermutlich im 12. Jahrhundert angelegte, aber bald wieder verlassene Felsenburg genannt wird - wird sowohl als Naherholungsgebiet als auch als Freilichtbühne nutzbar gemacht. 1804 wird das heutige Festspielgelände geschaffen. Ein Jahr später ist die preußische Königin Luise mit ihrem Mann Friedrich Wilhelm III. zu Gast. In einem feierlichen Akt, zu dem auch Jean Paul seinen Teil beiträgt, wird die Luxburg umgetauft in »Luisenburg«.

Bis man dem in Wunsiedel geborenen Schriftsteller auch in dem Felsenlabyrinth gedenkt, dauert es allerdings noch 40 Jahre. Erst als 1845 der Wunsiedler Jean-Paul-Platz eingeweiht wird, erhält Jean Paul auch einen nach ihm benannten Platz in der Luisenburg. 2005, anlässlich des 200. Jubiläums der Umbenennung des Felsenlabyrinths in »Luisenburg«, wird zudem in einen der Granitblöcke ein Zitat von Jean Paul graviert: »Deinen Bergthron hast du verschönert durch die Thronstufen zu ihm.« Solche Inschriften berühmter, aber auch weniger bekannter Persönlichkeiten finden sich an vielen Blöcken des Felsenmeers.

Zwei Jahre später, im Juni 2007, wird vor dem Eingang des Festspielgeländes zudem ein Jean-Paul-Gedenkstein in Buchform (Entwurf: Willi Seiler) aufgestellt. Auf dem Buchrücken sind die Lebensdaten des Dichters eingemeißelt, auf der Vorderseite findet sich seine Silhouette, auf der Rückseite das Zitat aus Jean Pauls SELBERLEBENSBESCHREIBUNG, das mit dem berühmten Ausruf endet: »Ich bin gern in dir geboren, kleine, aber gute lichte Stadt!«

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik & Katrin Schuster