Bertolt Brecht in Utting

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Der Ammersee in der Nähe von Utting (Foto: Durchschrift. Katharina Kuhlmann)

Mit seiner Jugendliebe Paula „Bi“ Banholzer hat Bertolt Brecht 1919 den Ammersee für sich entdeckt. 1928 kommt er zur Sommerfrische aus Berlin nach Utting, wo er in einer Pension die letzten Szenen der Dreigroschenoper überarbeitet. 1932 kauft er sich dort ein Haus, das er in seinem Gedicht „Zeit meines Reichtums“ beschreibt und das er „[n]ach sieben Wochen echten Reichtums“ wieder verlässt (im Februar 1933 muss Brecht vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen). Das Haus bleibt bis 1953 im Familienbesitz:

Sieben Wochen meines Lebens war ich reich.
Vom Ertrag eines Stückes erwarb ich
Ein Haus in einem großen Garten. Ich hatte es
Mehr Wochen betrachtet, als ich es bewohnte. Zu
verschiedenen Tageszeiten
Und auch des Nachts ging ich erst vorbei, zu sehen
Wie die alten Bäume über den Wiesen stünden in der
Frühdämmerung
Oder der Teich mit den moosigen Karpfen lag, vormittags,
bei Regen
Die Hecken zu sehen in der vollen Sonne des Mittags
Die weißen Rhododendrenbüsche am Abend, nach dem
Vesperläuten.
Dann zog ich ein mit den Freunden. Mein Wagen
Stand unter den Fichten. Wir sahen uns um: von keiner
Stelle aus
Sah man dieses Gartens Grenzen alle, die Neigungen der
Rasenflächen
Und die Baumgruppen verhinderten, dass die Hecken sich
erblickten.
Auch das Haus war schön. Die Treppe aus edlem Holz,
sachkundig behandelt
Flachstufig mit schönmaßigem Geländer. Die geweißneten
Stuben
Hatten getäfelte Hölzer zur Decke. Mächtige eiserne
Öfen
Von zierlichster Gestalt trugen getriebene Bildnisse:
arbeitende Bauern. [...] (Zit. aus: Bertolt Brecht: Zeit meines Reichtums. In: Ders.: Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Bd. 14: Gedichte 4. Frankfurt am Main 1993, S. 418f. © Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1993)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek

Sekundärliteratur:

Tworek, Elisabeth (2011): Literarische Sommerfrische. Künstler und Schriftsteller im Alpenvorland. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 95, S. 248.



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