Der Fall B. Traven

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B. Traven (Ret Marut) nach seiner Verhaftung in London 1923

Bereits seit den 1920er-Jahren lebt im mexikanischen Exil auch der Schriftsteller B. Traven, um den sich die tollsten Geschichten ranken. Denn, wer B. Traven, erfolgreicher Autor zahlreicher Romane, tatsächlich ist, ist bis heute unter Literaturwissenschaftlern und Historikern umstritten. Zu seinen berühmtesten Werken zählen die Romane Das Totenschiff (1926) und Der Schatz der Sierra Madre (1927). 1924 taucht er urplötzlich in Mexiko auf, woher er kommt, weiß niemand. Die gängigste Hypothese bringt ihn mit dem Schauspieler Ret Marut, dem Herausgeber der Zeitschrift Der Ziegelbrenner in Verbindung.

Ret Marut war der Chefzensor der Münchner Räterepublik 1919 gewesen und gilt als die treibende Kraft hinter der Sozialisierung der Presse. Nach der Niederschlagung der Räterepublik im Mai 1919 wurde er verhaftet und vor ein Feldgericht gestellt. Kurz vor seiner Verurteilung gelang ihm die Flucht. Er tauchte unter und wurde in den nächsten Jahren in verschiedenen europäischen Ländern gesehen, ehe er endgültig verschwand. Allerdings soll auch der Name Ret Marut nur ein Pseudonym für den im brandenburgischen Schwiebus geborenen Otto Feige sein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg geraten zwei weitere Männer, Berick Traven Torsvan und Hal Croves, die sich als Travens Agenten ausgeben, in den Verdacht, in Wahrheit der Schriftsteller selbst zu sein. Tatsächlich lernen weder seine Verleger noch der amerikanische Filmregisseur Howard Huston der Travens Roman Der Schatz der Sierra Madre so erfolgreich verfilmte, dass der Film drei Oscars erhält, den Bestsellerautor je persönlich kennen. Auf den Gedanken, dass hinter B. Traven sein alter Freund Ret Marut steckte, kommt im Übrigen als erster der anarchistische Schriftsteller Erich Mühsam, der nach der Lektüre von B. Travens proletarischen Abenteuerromanen unzählige sprachliche und inhaltliche Übereistimmungen zum Werk Ret Maruts zu entdecken glaubt. Zwischen 1933 und 1945 sind die Werke B. Travens in Deutschland verboten.

Der Schatz, den du zu finden die Mühen
Einer Reise nicht für Wert hältst,
Das ist der echte Schatz, den zu suchen
Dir Dein Leben zu kurz erscheint.
Der funkelnde Schatz, den Du meinst,
der liegt auf der anderen Seite.

(B. Traven: Der Schatz der Sierra Madre. Verlag der Büchergilde Gutenberg, Berlin 1930, S. 7)

Im Nachlass von Hal Crove wird Jahre später ein Notizbuch mit englischen Eintragungen entdeckt. Einer der ersten Einträge stammt vom 26. Juli 1924 und lautet: „The Bavarian of Munich is dead“ („Der Bayer aus München ist tot“).

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl