Helmut Schleich: Der ehrliche Strauß

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Zunächst einmal war natürlich die Figur Strauß meinerseits eine feindliche Übernahme. Ich habe mir die Figur gekrallt, damals als die CSU 2008 unter die 50%-Marke gerutscht ist. Ausgehend von der Frage: Was würde der große Vorsitzende zu diesem Debakel sagen?

(Quelle: Steierer, Thomas [2014]: Die Phantasie können sie uns nicht nehmen. Interview mit Helmut Schleich, URL: http://www.mucbook.de/2014/05/20/die-phantasie-konnen-sie-uns-nicht-nehmen/, 06.08.2015)

Die Parodie von Franz Josef Strauß ist Helmut Schleichs Paraderolle, mit der der gebürtige Schongauer, Jahrgang 1967, im Rahmen des Nockherberg-Singspiels im Jahr 2010 bundesweit bekannt wird.

Mittlerweile habe ich es sehr zu schätzen gelernt, dass dieser Typus, der er ja auch ist, es geht ja nicht nur um den historisch echten Strauß, dieser Typus des bayerischen Politikers in seinem Dreiklang von Vitalität, Brutalität und Sentimentalität eine Figur ist, in der man die heutige Politik sehr schön spiegeln kann. In der man natürlich auch, aus straußscher Sicht, die eigenen Leute abwatschen kann, in einer Unverschämtheit, die letztlich der Schleich selber zwar auch sagen könnte, aber es wäre lang nicht so lustig, wie wenn es der Strauß sagt.

(Quelle: Ebda.)

Auch jenseits von Strauß beweist Schleich chamäleonartig seine enorme Wandlungsfähigkeit mit treffenden Parodien, etwa von Papst Benedikt XVI. oder Ottfried Fischer sowie fiktiven an der Zeitgeschichte beteiligten Charakteren wie Heinrich von Horchen, dem Gesangslehrer von Marika Rökk und Jopie Heesters.

Er hat Bismarck und Napoleon noch persönlich gekannt und kann daher die aktuellen Geschehnisse kommentieren, indem er sie wild mit Ereignissen aus der Weltgeschichte in Verbindung setzt.

(Quelle: Ebda.)

Mit Christian Springer verbindet ihn u.a. das politische Feindbild Franz-Josef Strauß zu dessen Lebzeiten sowie beruflich die gemeinsamen Anfänge beim 1983 zu Schulzeiten gegründeten Kabarett Fernrohr und regelmäßige Medien-Präsenz, etwa im eigenen BR-Format Schleichfernsehen.

2014 feiert der Preisträger des Deutschen Kleinkunstpreises 30-jähriges Bühnenjubiläum mit seinem sechsten Soloprogramm „Ehrlich“:

Politisch hoffen die Menschen, dass es doch irgendwann mal einen Punkt gibt, wo sie ehrlich erfahren, was Sache ist. Aber da warten sie wahrscheinlich vergeblich.

(Quelle: Ebda.)

Helmut Schleich redet Klartext, verpackt in skurrilen Figuren und schrägen Themen:

Es ist mein dramaturgischer Trick, es ist meine künstlerische Herangehensweise ans Kabarett, in Figuren zu sprechen, Figuren sprechen zu lassen, weil Figuren einfach vieles sagen können, was der Kabarettist Schleich ungeschminkt so nicht sagen kann.

(Quelle: Ebda.)

Mittlerweile gestaltet er sein Programm mit weniger Figuren als mit seiner eigenen kabarettistischen Persönlichkeit. Schleich pur, wenn man so will, eine von ihm getroffene, ganz bewusste künstlerische Entscheidung.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Thomas Steierer

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