Jörg Hube: Vehemenz eines Herzkasperls

Ich war einmal Franz-Josef Strauß!
War magisch und autoritär!
Als sein Parodist gab ich mich aus,
doch insgeheim war ich er!

(Quelle: Demmelhuber, Eva [Hg.] [2011]: Jörg Hube. Herzkasperls Biograffl. Ein Künstlerleben. München.)

Sich mit Leib und Seele in Bühnenfiguren hineinzuversetzen, abgesehen vom diesbezüglich ebenbürtigen – wenn auch vor Publikum mit weniger Bitterkeit agierenden – Hube-Bühnenpartner und Freund Gerhard Polt – dies ist angesichts seiner inbrünstigen Vehemenz ein Alleinstellungsmerkmal Jörg Hubes, seines Zeichens „empfindsamer Anarchist und Dickschädel“. Wie seine Biografin Eva Demmelhuber meint:

Der Kraft, mit der sich Jörg Hube in die Rollen hineinwarf, konnte sich kein Zuschauer entziehen. Da berserkerte jemand von der Bühne herunter, als ob es um Leben oder Tod ginge, mit einer Wahrhaftigkeit und einer Eindringlichkeit, die an einem kleben blieb, auch dann noch, als man sich längst bei Emmi im Gläsernen Eck ein Bier genehmigte.

(Quelle: Ebda.)

Im „Herzkasperl“ erschafft und findet der 2009 verstorbene, auch in den Münchner Kammerspielen und Fernsehserien wie Löwengrube populäre Schauspieler, Regisseur und Kabarettist seine Bühnen-Paraderolle. Zwischen 1975 und 2003 widmet Hube sich dem „Herzkasperl“ in fünf autobiografisch geprägten Kabarettprogrammen: „Herzkasperls Altstadtfunk“, „Herzkasperls Salto Normale“, „Herzkasperls Abermakaber“ sowie „Herzkasperls Biograffl“ und „Herzkasperls Her- und Hinrichtung“.

Ich spiele alle meine Ichs,
weil ich kein eigenes hab,
und grabe doch mit allen Ichs
mein Ich nicht aus dem Grab!

(Quelle: Ebda.)

Einmal pro Woche spielt Hube über viele Jahre hinweg im seit Mitte der 1970er-Jahre bestehenden Fraunhofer, Wirtshaus und Kleinkunstbühne von Wirt Beppi Bachmaier. Dieser benennt nach Hube sein seit 2010 bestehendes Festzelt auf dem historischen Teil des Oktoberfests als Herzkasperlzelt. Jörg Hube ist somit postum bis auf Weiteres der einzige Kabarettist, dem ein Oktoberfest-Zelt gewidmet ist.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Thomas Steierer