Erlangen

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Blick von Westen auf die Neustadt von Erlangen. Deutlich zu sehen sind der Wasserturm und die Hugenottenkirche. In der linken Bildhälfte befindet sich vor der Stadtmauer die Gerberei. Bildausschnitt eines Stammbuches 1779

Jean Paul und Erlangen

Als Jean Paul auf der Durchreise mit Otto im Juli 1793 das erste Mal nach Erlangen kommt, sind seine Eindrücke wenig schmeichelhaft. In den PALINGENESIEN (1798), der Beschreibung einer fiktiven Reise nach Nürnberg, findet dies seinen Ausdruck: Jean Paul spottet über die Unfreundlichkeit der Erlanger Gastwirte und die monotone Stadtarchitektur. Nach weiteren Kurzreisen 1804 und 1805 nimmt er die Stadt indes gnädiger auf.

Während eines längeren Aufenthalts im Juni 1811 verfasst Jean Paul dann eine Reihe von Briefen, die ein differenzierteres Bild von Erlangen geben: »Die Stadt selber ist eine der glänzendsten, denn sie besteht aus Einer Hauptstrasse und einer Querstrasse, die als ein Kreuzbalken jene durchschneidet [...]. Dieß allein (der Mangel an Gesellschafts-Menschen, nicht an Gelehrten) würde mich von einem Einzuge hieher abschrecken, zu welchem man mich bereden will« (an Karoline). »Hier hat man viel bessere Hörrohre für Politik als in Bayreuth« (an Otto). »Viele Mägde (nett gekleidet) haben nichts auf dem Kopfe; was aber so artig steht, daß man einige bei denselben nehmen möchte« (an Emanuel). Unter den Gelehrten der Universität trifft Jean Paul den Philosophieprofessor Gottlieb Ernst August Mehmel (1761-1840), den Historiker Johann Georg Meusel (1743-1820) und den Naturphilosophen Gotthilf Heinrich von Schubert (1780-1860).

Weitere Erlangen-Aufenthalte schließen sich an: Am 4. Juni 1812 unternimmt Jean Paul von Nürnberg aus in Begleitung von Jacobi einen Tagesausflug nach Erlangen. Im Kreis der Professoren trinken alle auf dessen Gesundheit. Zwölf Jahre später, im August 1823, logiert Jean Paul mit seiner Tochter Emma im Gasthaus zum Goldenen Walfisch und trifft mit Schubert, Mehmel, Schelling und dem Sprachforscher Johann Arnold Kanne (1773-1824) zusammen. Hier kommt es auch zu einer Begegnung mit dem Dichter August von Platen, der zuvor den von ihm verehrten Jean Paul schon zweimal in Bayreuth besucht hat. Zuletzt, im September 1824, reist Jean Paul nach Erlangen, um seine Augenkrankheit zu lindern. Der Arzt Dr. Franz Reisinger diagnostiziert jedoch bei ihm grauen Star.

[Jean Paul, PALINGENESIEN, 4. Reise-Anzeiger]

Ich kehre nach Erlangen zurück. Sobald die Ideen, die im Bienenkorbe unsers Kopfes Honig machen, einen fremden Körper, eine verreckte Maus etc. nicht über das Flugbrett werfen können, so überziehen sie solche wenigstens mit Wachs, damit sie nicht stinke: ich sagte nämlich dem Boten, wir könnten uns in den ersten Gasthof (in die blaue Glocke), dessen Kellner uns ja noch immer die abschlägliche Antwort schuldig wäre, zu einem ungemein glänzenden Nachtmahl machen, und erst dann auf den Weg. »Es muß sie krepieren,« sagt´ er fein, »wenn sie sehen, was Sie brav aufgehen lassen.« - Ich und der Bote ärgerten uns jetzt über das mit dem Schlichthobel planierte Getäfel der Häuserfronte so stark als Baggesen über dieselbe Karten-Gleichheit in Mannheim: wir vergriffen uns - da nichts zu unterscheiden war als die Eckhäuser durch ein drittes Stockwerk - lange in Gassen und Häusern und wünschten von Herzen einige Fischerhütten oder Saukoben oder Ruinen als Kompasse und Hände in margine dazwischen.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik & Katrin Schuster