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17.11.2015, 14:01 Uhr
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Text & Debatte
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Egon Günther

Die literarische Zeitschrift 'Feuerstuhl' stellt sich vor

Feuerstuhl ist eine anti­auto­ritäre Zeit­schrift, ein befeu­erndes Scheit Holz, benannt nach einer mexikani­schen Geschichte aus dem Roman Regie­rung des ge­heim­nis­vollen B. Traven.

Die 'Zeitschrift für Brot & Rosen' soll künftig in wechselnder Her­aus­geber­schaft fort­ge­führt werden. Die Start­nummer, u.a. mit Beiträgen von Said, wurde von Egon Günther zu­sammen­gestellt und mit den folgenden Vorsprüchen versehen.

*

wenn einer wie ich

ein Buch veröffentlicht dicker

als einen Zentimeter kann das

bedeuten: das Ende

vor Augen

 

Franco Beltrametti

 

 

Wenn einer eine Zeitschrift herausgibt, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass er eine geraume Weile auf glühenden Kohlen saß.

Wenn einer eine Zeitschrift veröffentlicht, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass es sich dabei für ihn um eine ziemlich einmalige Sache handelt.

Wenn einer eine Zeitschrift herausgibt, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass er – immerzu das Ende vor Augen – schlechterdings noch einmal auf einen bemerkenswert demokratischen Brauch hinweisen will, den der so geheimnisumwobene wie klarsichtige Schriftsteller B. Traven vor etlichen Jahrzehnten in Pebvil, einem von Tseltales bewohnten und im südamerikanischen Bundesstaate Chiapas gelegenen pueblo, ausgemacht haben wollte.

Wenn einer eine Zeitschrift veröffentlicht, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass zumindest einige seiner eher psychogeografischen Vorlieben und Verstrickungen im oben genannten Land des Frühlings, der Sünden und Wunder zu suchen sind.

Wenn einer eine Zeitschrift veröffentlicht, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass er zuguterletzt mit einem Fortschritt bricht, der mit sich viel zu viel Abscheuliches wie den elektrischen Stuhl, die Atombombe, die Gaskammern, den Luftkrieg und militarisierte Grenzen für rechtlose Migranten gebracht hat.

Wenn einer eine Zeitschrift herausgibt, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass er den Freunden, Kollegen, Genossen und Weggefährten jederlei Geschlechts und Herkunft, die er dazu einlud, etwaige Beiträge einzusenden, freie Hand ließ, sich des inbegriffenen Themas anzunehmen, denn er hatte – was ihn anbelangt – seine Wahl längst getroffen.

Wenn einer eine Zeitschrift veröffentlicht, die FEUERSTUHL heißt, kann das bedeuten, dass er seine verbliebene Hoffnung immerhin auf würdige, womöglich bessere Nachfolgerinnen und Nachfolger setzt.

 

Freiheit! Gerechtigkeit! Glück!