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Quirinus-Zettel. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)

Rohbognerweg, bei Loch 10 des Golfplatzes – Quirinusölkapelle

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Foto: Peter Czoik (TELITO)

Die Entdeckung der Heilquellen und die Entwicklung Bad Wiessees als Heilbad geht ursprünglich auf die Quirinusölkapelle am Rohbognerweg zurück. Hier nahm alles seinen Anfang.

Auf der Rückseite der Kapelle steht geschrieben: „Anno 1441 sah ein Konventuale des Benediktiner Klosters nachdem er die hl. Messe in der Sankt Quiriner Kapelle beendet hatte einen goldenen Streifen a. westl. Ufer des See her gegen St. Quirin ziehen Er fuhr mit dem Mesner hinüber und entdeckte das Erdöl“. Abt Kaspar Ayndorffer (1426-1461) ließ die ölhaltige Quelle fassen und ein Brunnhaus darüber bauen. Das Heilöl wurde dem Klosterpatron St. Quirinus geweiht und ihm zu Ehren eine Kapelle, zunächst unterhalb an der Landstraße, errichtet. Die Mönche gaben das Quirinusöl in Fläschchen mit Beipackzettel („Quirini-Zettel“) zu Ursprung, Wirkung und Gebrauch des Öls an die Bevölkerung ab.

Der Kupferstecher und Verleger Matthäus Merian (1593-1650) verzeichnet in seiner Landkarte von 1644 am Westufer des Tegernsees ein Brunnhaus, aus dem ein „Ölflus“ durch das Rohbognergelände rinnt; am Fuße des Rohbognerwegs steht eine Kapelle, von der aus man hinunter in den „Ölwinckl“ (Finnerbucht) blicken kann. Eine kleine Skizze mit Außenansicht des Brunnhauses und Blick auf den Stollen mit Quellfassung ergänzt die Abriß-Beschreibung des gnadenreichen heilsam weitberühmten Ölfluß. (vgl. Halmbacher, Bd. 2, S. 555f., Götz, TT 149, S. 18, u. Heid, TT 119, S. 48)

Im Zuge der Säkularisation entschloss man sich 1818 behördlicherseits, die inzwischen heruntergekommene Quellfassung und die darüber stehende Hütte zu renovieren, nachdem sich die Ölquelle nicht verpachten ließ. Auch eine neue Kapelle sollte über der Quelle „zur Zierde der Umgegend von Tegernsee“ errichtet und ein Spazierweg vom See zur Quelle angelegt werden. Der Entwurf von Hofbauintendant Leo von Klenze (1784-1864) sah zunächst eine ca. acht Meter hohe Quellüberbauung im antiken Tempel-Stil vor, doch wurde dieser Plan bald fallengelassen. Stattdessen entstand 1828 durch heimische Handwerker ein kostengünstiges Bauwerk, das sich weniger durch seine Gestaltung als durch seine Größe von den üblichen Kapellen der Gegend abhob. (vgl. Götz, TT 149, S. 17ff.)

„Den Hauptunterschied machte das Innere aus: Hier öffnete sich im Boden die quadratische Quellfassung, umgeben von einem gusseisernen Gitter. An die Rückwand kam kein Altar, auch nicht [...] ein Bildnis des heiligen Quirinus, sondern eine schlichte Inschriftplatte in neugotischer Rahmung [...]: ‚Diese nach dem heiligen Quirinus benannte Steinoel Quelle, welche in einer Ablagerung von Tor und Thonmergel entspringt, wurde entdeckt MCDXXX [1430], neu gefasset und die Kapelle erneuert MDCCCXXVIII [1828].‘“ (Götz, TT 149, S. 20)

Quirinus-Legenden: „Der reumütige Ochsendieb“ und „Der wortbrüchige Ritter“

Nach einer Aufzeichnung von 1492 hatte ein junger Mann seinem Taufpaten einen Ochsen gestohlen und war mit ihm, ohne dass seine Missetat aufflog, zu einer Wallfahrt nach Tegernsee gekommen. Als die beiden in der Kirche beten wollten, schnitt der Junge seinem Paten den Geldbeutel, der am Lederriemen hing, heimlich ab. Die darin befindlichen 30 Silberpfennige behielt er. Im Glauben, niemand würde ihn und seine zweite Missetat bemerken, hielt er sich noch in der Kirche auf, um besonders fromm zu beten. St. Quirin aber war sein Zeuge und behielt den jungen Ochsendieb und Beutelschneider in der Kirche. Er lief hin und her, voller Verzweiflung, einen Ausgang zu finden, bis ihn Reue überkam und er seine beiden Verbrechen wiedergutzumachen versprach. Daraufhin wurde ihm geöffnet, und sein Taufpate, der zur Kirche zurückkam, bekam den Geldbeutel zurück. Unter den Ochsen durfte sich dieser den schönsten aussuchen. Erst jetzt konnte der Junge die Kirche vollständig verlassen.

Eine andere Legende um St. Quirin handelt dagegen von einem wortbrüchigen Ritter. Vor langer Zeit geriet ein Ritter (die einen sagen, er sei ein Babenberger gewesen, die anderen, er stamme aus dem Tegernseer Tal) in feindliche Gefangenschaft. Als man ihn in ein dunkles Verließ sperrte, wandte er sich in seiner Not eines Tages an St. Quirin, mit der Bitte ihn zu retten. Als Unterpfand gelobte er, ihm sein Lieblingspferd zu schenken, wenn er aus dem Verließ wieder herauskäme. Der Ritter kam schließlich frei und in seine Heimat zurück. Sein Lieblingspferd brachte er nach St. Quirin und band es dort an der Kirchentüre fest. Der traurige Blick des Tieres erweichte ihn jedoch, es zu behalten. Er beschloss, einen Geldbetrag auf den Kirchenaltar zu legen, als Entsprechung für den Wert des Tieres. Die Höhe des Betrags nahm er dabei nicht so genau, und er legte weniger hin als das Pferd wert war. Kaum wollte er wieder losreiten, kam er nicht mehr vom Fleck. St. Quirin bestand auch hier auf der Höhe der vollen Gegenleistung: Erst als der Ritter den letzten Schilling auf den Altar gelegt hatte, wurde der Bann gebrochen, und Ritter und Pferd konnten die Kirche zusammen verlassen.

(vgl. Schinzel-Penth, S. 207ff.)

 


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Verfasst von: TELITO / Dr. Peter Czoik

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