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Franziska zu Reventlow 1905 © Münchner Stadtmuseum, Fotomuseum

Leopoldstr. 50: Café Leopold

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Leopoldstraße 50. Foto: Adelheid Schmidt-Thomé

Im Café Leopold ist Franziska zu Reventlow ein regelmäßiger Gast. Hier kann sie alle Bekannten und Freunde treffen, auch die Mitarbeiter von Albert Langen und die Herren des Kosmikerkreises kommen gerne.

Vor allem Dates mit Ludwig Klages sind nach 1900 für Franziska zu Reventlow wichtig. Den Chemiker, Graphologen, Psychologen und Philosophen kennt sie seit dem Sommer 1899. Franziska kann sich dem Gleichaltrigen öffnen, wie sie es sonst selten tut. „Ich sehnte mich ja nach einem Menschen der fliegen konnte und ich glaube er kanns. Wohl mir dass ich ihn gefunden habe.“ (Tagebuch 19. September 1899, S. 123) Die Anregung durch den hochintelligenten Mann tut ihr gut. Klages ist genauso fasziniert von ihr, er entwickelt eine tiefe Leidenschaft. In ihrer Stimme liegt der „[...] für mein Gefühl wunderbarste wie auch gefährlichste Reiz dieser einzigartigen Frau [...] Ihr Sprechen klang wie ein beständiges Lied, nah und doch fern zugleich wie von einer rätselhaften Ferne durchtönt“, schreibt er als alter Mann. „Dazu ein Lachen, ein strahlendes wie das Himmelsblau eines Frühlingsmorgens umfangendes Lachen, den, der es vernahm, zurückversetzend in die sorgloseste Gegenwärtigkeit des Kindesalters.“ (zit. n. Decker, S. 151) Sie verkörpert für ihn das „nordische Heidentum“ (zit. n. Kubitschek, S. 344) und ist als promiskuitiv lebende Frau und ledige Mutter die „Hetäre“ schlechthin. Er führt sie bei den Kosmikern und im George-Kreis ein.

Aber Franziska zu Reventlow wehrt sich bald gegen Versuche der Beeinflussung. Sie fühlt sich kontrolliert, ihr missfallen seine Besitzansprüche. Am 1. April 1902 erklärt sie ihm in einem langen Brief, wie sie zur Liebe und zu festen Bindungen steht:

Zu dem tiefen gemeinsamen Leben, das Ihre Sehnsucht wollte – zu dem bin ich nicht fähig [...] Mein Freund, man kann mir Freund sein auf immer, und ich habe das Gefühl, eine Freundschaft wie sie zwischen mir und Dir war, die war noch nie zwischen zwei Menschen, und wenigstens von mir aus kann die niemals geringer werden oder verlöschen, das weiß ich. [...] Aber wenn man mich besitzen will, nicht in dem Sinne des Ehe-Besitzens, aber des inneren – meine Leidenschaften besitzen – davor weicht es in mir zurück. (Briefe, S. 387ff.)

Im Mai verbittet sie sich jede Einmischung in ihr Leben. Klages leidet passiv – auch sie schreibt in späteren Jahren immer wieder, wie sie ihn vermisse. Der Kontakt bricht nie ab, schon wegen der Vormundschaft für Rolf. Respekt zollt Franziska zu Reventlow ihrem Freund dadurch, dass sie ihn in dem Roman Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil (als Hallwig) nicht so verspottet wie die anderen Personen.

 


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Verfasst von: Monacensia im Hildebrandhaus / Adelheid Schmidt-Thomé