https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/2020/klein/Brechtmuc_4_164.jpg
Bertolt Brecht: Trommeln in der Nacht. Drama. München, Drei Masken Verlag, 1922. Exemplar des Theaterkritikers Bernhard Diebold (1886-1945). Privatbesitz.

Waldfriedhof (Wedekinds Beerdigung)

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/2020/klein/Brechtmuc_7_500.jpg
Waldfriedhof München: Das Grab Frank Wedekinds (Benno Elkan, 1919). Foto: Dirk Heißerer.

Der junge Brecht ist selbstbewusst genug, den thematischen Ansatz Wedekinds gleich zu benennen und zu übernehmen. Das zeigt sich nicht nur an seinem Gitarre spielenden Anti-Helden Baal, den er als Reaktion auf eine Aufführung des Grabbe-Dramas Der Einsame seines Kommilitonen Hanns Johst, dem späteren literarischen Repräsentanten des NS-Regimes, in den Kammerspielen an der Augustenstraße 89 (Station 10) ab Ende März 1918 entwirft.[14] Es zeigt sich viel mehr an den Liedern und besonders den Balladen seiner Hauspostille (1927), worin sich Wedekinds berühmter „Tantenmörder“ direkt mit dem Elternmörder Jakob Apfelböck vergleichen lässt, dessen Ballade Brecht nach einem tatsächlichen Mordfall im August 1919 in Haidhausen gestaltete.[15] Und von Wedekinds „Brigitte B.“ geht wiederum ein direkter Weg zu Brechts knapper Ballade „Von den verführten Mädchen“. Brecht trotzt sogar dem Tod Wedekinds mit einer kurzen Schilderung der Beerdigung auf dem Waldfriedhof [Abb. 7] in Anlehnung an das Begräbnis des Selbstmörders Moritz Stiefel in Frühlings Erwachen den Vierzeiler „Zu Wedekinds Begräbnis“ ab: „Sie standen ratlos in Zylinderhüten. / Wie um ein Geieraas. Verstörte Raben. / Und ob sie (Tränen schwitzend) sich bemühten: / Sie konnten diesen Gaukler nicht begraben.“[16]

 


Zur Station 5 von 11 Stationen


 

[14] Vgl. Hecht: Brecht Chronik (Anm. 7), S. 54 (zum 30. März 1918).

[15] Vgl. Schoen, Christian: Apfelböck oder Über das Töten. Materialien und Essays zum Fall Apfelböck, zu Bertolt Brecht, zum Töten und zu Bildern vom Töten. München 2005.

[16] GBA (vgl. Anm. 1) 13, Gedichte 3, S. 115.

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer