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„Deutschlands Dichter“: Karikatur im Simplicissimus um 1900. (c) Bayerische Staatsbibliothek/Bildarchiv

München, Odeonsplatz 18: Café Tambosi

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Tambosi Café Dengler 1895 (c) Archiv Monacensia

Der aus Venedig stammende kurfürstliche Lotterieeinnehmer Giovanni Pietro Sarti eröffnete 1774 ein Kaffeegeschäft in den Arkaden des Hofgartens. 1778 erhielt er die Erlaubnis, an der Hofgartenmauer vor der Reitschule ein kleines italienisches Kaffeehaus zu erbauen. Der Hofgarten wurde zwei Jahre später für die Öffentlichkeit zugänglich, was zum Erfolg des Cafés beitrug. Nach Sartis Tod 1796 wechselten mehrmals die Besitzer, bis 1810 Luigi Tambosi das Café übernahm. Der gelernte Schokolateur und Traiteur aus Trient nutzte die Kontakte seines Vaters, der sich als Kammerdiener von Max II. und als Hofkellermeister einen guten Ruf erworben hatte. 1825 wurden die Reitschule und das Kaffeehaus abgeris­sen und an ihrer Stelle das mehrstöckige Bazargebäude in der heutigen Gestalt errichtet. Das neue Kaffeehaus war elegant ausgestattet und entwickelte sich zu einem vornehmen Treffpunkt des gehobenen Bürgertums und des Adels. Bis 1868 blieb es im Besitz der Familie Tambosi und avancierte zu einem der bekanntesten Cafés, das weit über die Grenzen Münchens berühmt war und zu dessen Gästen auch König Ludwig I. zählte.

Von 1895 bis 1920 wechselten die Besitzer wieder mehrmals, bis im Sommer 1920 Gustl Annast das Café übernahm und im ersten Stock das Hofgarten-Kabarett eröffnete.

  

Links: Das Café Annast um 1930 (c) Archiv Monacensia. Rechts: Das Tambosi heute (c) Yadid Levy / Robert Harding World Imagery / Universal Images Group

Theodor Lessing, der in München Medizin, Literatur, Philosophie und Psychologie studierte, hat mit seinem Gedicht Am Dichter-Tisch eine Hommage an das Café Tambosi verfasst, in der es heißt:

Zu München im Hofgarten schlürft ich heut
Mit meinem „Verhältnis“, der Rosi,
Stillfreudig wie andre brave Leut
Meinen Mokka im Café Tambosi.

Das Wetter war schön. Die Münchner Crème
Lustwandelte in den Arkaden
Und gaffte daselbst einander bequem
Nach Antlitz, Toilette und Waden.

(Theodor Lessing: Am Dichtertisch, zit. nach Schmitz, Walter [Hg.]: Die Münchner Moderne, a.a.O., S. 439)

Der amerikanische Dichter T. S. Eliot, der sich 1911 kurz in München aufhielt, beginnt sein berühmtes Gedicht The Waste Land mit einer Reminiszenz an Bayern und den Münchner Hofgarten.

Sommer überfiel uns, kam über den Starnberger See
Mit Regenschauer; wir rasteten im Säulengang,
Und schritten weiter im Sonnenlicht in den Hofgarten.
Tranken Kaffee und plauderten eine Stunde.

(T. S. Eliot, The Waste Land, 1922)

Ein halbes Jahrhundert zuvor hatte sich der sich der französische Schriftsteller Gérard de Nerval weniger beeindruckt gezeigt: „Die beiden Cafés der Hofgartengalerie sind nichts Besonderes und haben keine einzige französische Zeitung.“ (Gérard de Nerval: Auf Sand gebaut. Münchner Eindrücke eines Franzosen im 19. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung. 20./21. Mai 1972)

Das Innere des Café Tambosi um 1895 (c) Archiv Monacensia

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Gehen Sie über den Odeonsplatz an der linken Seite der Feldhernhalle die Residenzstraße entlang bis zum Max-Joseph-Platz mit der Bayerischen Staatsoper. Biegen Sie links auf die Maximilianstraße ein. Direkt gegenüber der Oper, früher Königliches Hof- und Nationaltheater, liegt die nächste Station.


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Verfasser: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt