D. H. Lawrence in Oberbayern: Ebenhausen / Ommerhausen

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Ebenhausen. Aus: „Umgebungen Münchens IV.“ Stahlstich nach einer Zeichnung, 1846. (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Lawrence gibt als Postadresse seines neuen Wohnorts in Irschenhausen das nahegelegene Ebenhausen, heute Ortsteil der Gemeinde Schäftlarn, an. Seiner Schwester Ada gegenüber gibt er witzig Auskunft, welche Ortschaften in der Nähe zusammenhängen bzw. wie Ada sie in Zukunft postalisch auseinanderhalten muss, wenn sie aus der englischen Heimat ihrem Bruder zurückschreiben will:

Villa Jaffé, Irschenhausen, post Ebenhausen, bei München, Isartal
Saturday 19 April 1913

 

My dear Sister,

First of all, the village is Irschenhausen, then the post office is in Ebenhausen, so you draw a line under that, then München, which is Munich, has two dots on it, and then Isartal means Isar-valley, and the Isar is a tributary of the Danube, well known in English poetry as “Eiser rolling rapidly”

“And dark as winter was the flood
Of Eiser rolling rapidly”

– it is pronounced “Eeser”, à l'anglaise. Where Hohenlinden is, and when the battle was fought, God knows.

Now you can address a letter to me. I got your letter in München – and your p.c. It was a nice letter. Frieda liked hers. (The Letters of D. H. Lawrence, Vol. 1, S. 540f.)

Als Ort ist Ebenhausen aber auch literarisch bedeutsam. 1906 gründet Wilhelm Langewiesche-Brandt dort den Verlag Langewiesche-Brandt, der sich vor allem Büchern verpflichtet sieht, die „wertvoll, voller vorhandener, vielleicht vergessener Werte“ sind. Seine Tochter Marianne Langewiesche (1908-1979), Erzählerin vor allem historischer Romane (Königin der Meere, 1940), verbringt in Ebenhausen zudem ihre Kindheit.

Lawrence erwähnt den Ort wiederum in der literarisierten Form „Ommerhausen“ (analog zu „Ommerbach“ für Icking) im 13. Kapitel von Mr. Noon. Professor Alfred Kramer alias Edgar Jaffé will mit Gilbert Noon einen Ausflug zu seinem kleinen Grundstück nahe Genbach (Irschenhausen) machen, „‚wo ich mein kleines Holzhaus bauen werde, meine Hundehütte werd ich's nennen.‘“ (Mr. Noon, S. 153) Er wälzt den Fahrplan und entscheidet sich als Ausstiegsstation für Ommerhausen:

Alfred und Gilbert stiegen in Ommerhausen aus und verließen rasch das morastige Dorf. Die Bauern, fromme Katholiken, kamen von der Messe, aus der Kirche, die ihren von einer kleinen, schwarzen, byzantinisch wirkenden Kuppel gekrönten Hals reckte. Die Kirchen sind so charakteristisch, daß der Anblick einer einzigen selbst einem Fremden die ganze heftige Wehmut des bayrischen Hochlandes ins Herz senken wird. Und so wurde Gilbert mitten in Bayern von der seltsamen Leidenschaft für das Land ergriffen. Er ging mit Alfred über die Ebenen, wo der Schnee nur stellenweise hier und da lag: über die rauschenden kleinen Bäche auf das heimelige Dorf Genbach zu, dessen weiße Bauernhäuser mit ihren großen Dächern und niedrigen Balkonen sich um die spielzeughafte Kirche scharten – nicht mehr als ein Dutzend Häuser auf dem Hang eines Hügels, nahe dem Waldrand. (Mr. Noon, S. 155)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik