D. H. Lawrence in Oberbayern: Hommage und Kritik

Neben den Blumengedichten „Bayerische Enziane“ und „Blumen und Menschen“ („Flowers and Men“) von D. H. Lawrence schlägt sich die Freundschaft der beiden Männer auch bei Mohr literarisch nieder. Lawrence ist der Held von Mohrs Roman Die Freundschaft von Ladiz (1931), dem eine gedruckte Widmung an diesen vorangeht, sowie in der Erzählung Der Engel mit dem roten Bart, erschienen 1935. In der Erzählung wird die von Lawrence inspirierte Titelfigur folgendermaßen beschrieben: „Es war eine richtige ‚Erscheinung‘. Auf den ersten Blick sahs aus wie ein Mann im städtischen Anzug. Die Ellbogen waren auf die Knie aufgestützt; das Gesicht mit dem kurzgeschnittenen roten Bärtchen war halb in den Händen vergraben [...]“ (Lieber keinen Kompaß, als einen falschen, S. 85). Im Roman geht es um die Freundschaft zwischen dem englischen Maler Philip Glenn (Lawrence) und dem passionierten Bergsteiger Xaver Ragaz (Mohr), wobei sich die Rollen der beiden Figuren verkehren: auf der Bergtour übernimmt Ragaz die Führung, literarisch ist Lawrence mit seinen kritischen Anmerkungen zum Schreiben der Versiertere.

Die persönliche Beurteilung Mohrs als Schriftsteller fällt demgemäß nicht so positiv aus. Als sich Lawrence und Mohr das erste Mal im Herbst 1927 in Irschenhausen begegnen, kann Lawrence nicht umhin, außer den natürlichen auch die literarischen Schwächen Mohrs zu erwähnen:

Der Max Mohr kam gelaufen in einem Auto vom Tegernsee, wo er ein Bauernhaus hat – mit Frau und Kind – ein Mann von 36 oder so. Er sollte ein Naturbursch sein, wir waren aber über die Natur sehr enttäuscht. Doch ist er interessant und gut, aber ein letzter Mann, der ganz und gar am Ende des Weges gekommen ist, und kann nicht weder in der Wildnis fortwandern, oder einen Schritt in das Unbewussten nehmen. So ist er sehr unglücklich – war Artzt – in England Kriegsgefangener – und etwas wie der Hadu seine Psychologie. Wir haben seine Theaterstücke, schenken sie dir: sie sind nicht sehr wichtig. (The Letters of D. H. Lawrence, Vol. 6, S. 172)[1]

In einem weiteren Brief schreibt er kurz und knapp: „A dramatist Max Mohr came to see me: queer chap, writes queer plays, nearly good.“ (The Letters of D. H. Lawrence, Vol. 6, S. 167) Das tut der Freundschaft allerdings keinen Abbruch, zumal Mohr – trotz seines Bekanntheitsgrads als Dramatiker – gewisse Selbstzweifel gegenüber sich und seinem literarischen Schaffen hegt. Lawrence äußert sich zu Mohrs Werken immer wieder kritisch, so zu seinem satirischen Roman Venus in den Fischen in einem Brief an Mohr vom 22. März 1928: „No, I didn't really like Venus and the Fishes: it is too modern for me: you know I am a bit ‘altmodisch’ really. And it is true, you have written drama so much, you are more concerned with the mechanism of events and situations, than with essential human character.“

Der Tod von Lawrence am 2. März 1930 in Vence wird für Mohr, der ihn ärztlich betreut und im September 1929 nach Südfrankreich begleitet, schließlich zu einem emotionalen wie literarischen Tiefpunkt. Eine geplante Übersetzung des Romans Lady Chatterley durch Mohr kommt auf diese Weise nicht mehr zustande.



[1] Deutsches Originalzitat von Lawrence.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik