Patrick Leigh Fermor über München III

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Beim Weißwurstfrühstück, um 1930 (Müncher Stadtmuseum)

Die Leiber dieser tafelnden Bürger waren breit wie ein Fass. Ihre Gesäße, auf die Wirtshausbänke gedrückt, nahmen gut und gern einen Meter ein. Sie teilten sich zu Oberschenkeln dick wie der Körper eines Zehnjährigen, und Arme vergleichbarer Stärke drohten, das Tuch ihrer Janker zu sprengen. Hals und Brust verschmolzen zu einer massigen Säule und jeder Stiernacken war in Falten gelegt wie ein trügerisches Lächeln ... Kellnerinnen mit der Statur von Ringern oder Gewichthebern stemmten immer neue Schüsseln, und Gesichter troffen und glänzten wie beim Bankett eines Riesen. Bald sah alles aus wie der Hof eines Abdeckers, es wurde still, Enttäuschung umwölkte die Schweinsäuglein, und etwas wie Trauer lag in der Luft. Doch Rettung ließ nie lang auf sich warten. Wohltäterinnen wogten heran, die Arme voller Krüge, der nächste Gang wurde aufgefahren, die Runzeln verschwanden wieder von den schweißnassen Lästrygonenstirnen, und das fröhliche Schaufeln und Schwatzen begann von neuem.

Patrick Leigh Fermor, Die Zeit der Gaben, 1933/34 (Zit. aus: Patrick Leigh Fermor: Die Zeit der Gaben. Zu Fuß nach Konstantinopel: Von Hoek van Holland an die mittlere Donau. Der Reise erster Teil. Zürich 2005, S. 140)

 

Patrick Leigh Fermor (1915-2011), englischer Reiseschriftsteller; Aufenthalt in München: 1933/1934

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek