Info
Geb.: 11. 3.1836 in München
Gest.: 15.12.1916 in Hohenaschau i.Chiemgau
Fotografie eines Drucks März 1911. Aus: MIZ 1911, Nr.10 (Bayerische Staatsbibliothek München/Hoffmann)
Namensvarianten: geb. Birch, Minna von Hillern

Wilhelmine von Hillern

Die Tochter von Charlotte Birch-Pfeiffer wird von Privatlehrern erzogen und kommt früh mit der Literatur- und Theaterwelt ihrer Eltern – ihre Mutter ist Schauspielerin und Schriftstellerin, ihr Vater Christian Andreas Birch Autor, Dramaturg und Theaterkritiker – in Berührung. Mit dem späteren Historienromancier Felix Dahn deklamiert sie Romeo und Julia, 1853 debütiert sie am Gothaer Hoftheater als Julia und spielt auf weiteren deutschen Bühnen. In Mannheim wird sie Großherzogliche Badische Hof- und Nationalschauspielerin. Ihr Verhältnis zu dem 19 Jahre älteren Hofgerichtsrat und Theaterkritiker Hermann von Hillern, der im Auftrag von Charlotte Birch-Pfeiffer die junge Schauspielerin in die Mannheimer Gesellschaft einführen soll, führt zur Heirat zum Entsetzen der Mutter. Im Dezember 1857 bringt Wilhelmine von Hillern einen kleinen Jungen zur Welt. Um den Skandal einer vorehelichen Schwangerschaft zu vertuschen, wird er künstlich klein und mager gehalten, was der Junge nicht überlebt. Den tragischen Abschluss bildet eine im Januar 1858 fingierte Fehlgeburt Wilhelmines – Hermann von Hillern wird als Beamter nach Freiburg im Breisgau versetzt, wo er als Landgerichtspräsident später Karriere macht. Im Laufe der Ehe kommen noch bis 1863 drei Töchter zur Welt, von denen Hermine Diemer ebenfalls Schriftstellerin wird.

Die Übersiedlung nach Freiburg bedeutet das Ende der Schauspiellaufbahn Wilhelmine von Hillerns. Sie beginnt zu schreiben: Liebes- und Heimatromane sowie Theaterstücke in biedermeierlicher Manier. 1865 erscheint ihr erster Roman Doppelleben, vier Jahre später Arzt der Seele, worin sie auf sehr zwiespältige Weise die Frage der Frauenemanzipation thematisiert. Ihr Roman Aus eigener Kraft wird 1870 in das populäre Familienblatt Die Gartenlaube aufgenommen und macht von Hillern einem breiteren Leserkreis bekannt. Mit Die Geyer-Wally. Eine Geschichte aus den Tyroler Alpen (1875) gelingt ihr schließlich der Durchbruch als Bestseller-Autorin: Geschildert wird die Geschichte der stolzen, starken Bauerntochter Walburga (Wally) Stromminger, die im Kampf mit ihrer Umgebung, vor allem dem brutalen Vater, drei Jahre in der Gletscherwelt allein mit ihrem Geier „Hansel“, einem Adler, den sie einst als Junges aus dem Nest gehoben hat, zubringt. Erst nach dem Tod des Vaters kehrt sie als Hoferbin zurück und heiratet ihren geliebten Bärenjosef. Der Roman wird in acht Sprachen übersetzt, 1880 von Wilhelmine von Hillern auf die Bühne gebracht, 1892 von Alfredo Catalani unter dem Dirigat Arturo Toscaninis als Oper inszeniert und 1921 das erste Mal verfilmt.

Nach dem Tod ihres Mannes 1882 zieht Wilhelmine von Hillern zu ihrer Tochter Hermine Diemer nach Oberammergau, wo sie sich nach eigenen Vorstellungen ein prunkvolles Domizil, das „Hillern-Schlössl“, errichtet, das sie zum gesellschaftlichen Mittelpunkt macht. Sie verkehrt in höchsten Adelskreisen, einer ihrer Gäste ist ihre alte Jugendliebe, der Schriftsteller Felix Dahn. Von Hillern tritt 1904 im Kloster Ettal als Protestantin zum katholischen Glauben über; ihrer Neigung zur Spiritualität entsprechend beschäftigt sie sich, neben der Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse um die Geburt ihres ersten Kindes, in ihrem Spätwerk mit religiösen Themen. 1890 erscheint Am Kreuz. Ein Passionsroman aus Oberammergau Ein alter Streit. Roman aus dem bayerischen Volksleben der 60er Jahre (1898) weist zudem genaues Quellenstudium von Hillerns auf: Darin werden ein Werk zur bayerischen Landes- und Völkerkunde, zwei Hirtenbriefe des Erzbischofs, das Strafgesetzbuch des Königreichs Bayern, ein Geschichtsbuch Lorenz von Westenrieders sowie die Quelle Über das Haberfeldtreiben von Oskar Panizza zitiert.

Mit ihren Arbeiten gehört Wilhelmine von Hillern in die Reihe der SchriftstellerInnen der Gartenlaube und führt den Berg- und Heimatroman noch vor Ludwig Ganghofer zu einer ersten Blüte; über Klischeevorstellungen und irrationale Geschehnisse kommt sie indes selten hinaus. Ihre letzten Jahre (1911-1916) verlebt die Dichterin in Hohenaschau bei Prien, wo sie am 25. Dezember 1916 im Alter von 80 Jahren stirbt.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Bisterfeld, Gisela: Hillern, Wilhelmine von, geborene Birch. In: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 156f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd118904779.html, (01.12.2011).

Chrambach, Eva (2004): Wilhelmine von Hillern (11.3.1836 – 25.12.1916). Dorfbrunhild oder Minnas Welt. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 21f.

Müller, Cornelie (2008): „Nur die Bühne trägt Geld, der Roman wird schlecht bezahlt...“ Charlotte Birch-Pfeiffer und ihre Tochter Wilhelmine von Hillern. In: Jakob, Reinhard (Hg.): Frauen schreiben: G'schichten vom Land. Schriftstellerinnen und das ländliche Milieu [Ausstellung im Bauernhofmuseum Jexhof, 12. Juni bis 31. Oktober 2008] (Jexhof-Heft, 24). Bauernhofmuseum Jexhof, Fürstenfeldbruck, S. 40-55.

Pedarnig, Dietlind; Ziegler, Edda (Hg.) (2013): Bayerische Schriftstellerinnen. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 45-51.


Externe Links:

Literatur von Wilhelmine von Hillern im BVB

Literatur über Wilhelmine von Hillern im BVB

Wilhelmine von Hillern in der BLO

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Die Geierwally. Eine Romanfigur im Spiegel ihrer Popularität