Niclas Ulenhart
Über Niclas Ulenharts Leben ist fast nichts bekannt. Vermutlich handelt es sich bei seiner Person um einen katholischen Kanzleibeamten in Prag. Humanistisch gebildet, sprachlich versiert und mit allen Volksschichten seiner Zeit vertraut geht er als Übersetzer bzw. Bearbeiter von Cervantes' Novelle Rinconete y Cortadillo (1604) in die Literaturgeschichte ein: „Ob man Rinconete y Cortadillo als Sittengemälde der Sevillaner Unterwelt ansieht, als im Keime schon ‚erkennbaren Typus der Wandernovelle‘ [...] oder als Geschichte eines Schelmenpaares in einer Gaunerzunft, auf jeden Fall handelt es sich um eine offene Struktur, die [...] zu den großen Entdeckungen von Cervantes gehört.“ (Gerhart Hoffmeister)
Ulenharts Übersetzung trägt den Titel Die ander [Historia] von Isaac Winckelfelder vnd Jobst von der Schneid, wie es diesen beyden Gesellen in der weitberümten Stadt Prag ergangen, was sie daselbst für ein wunderseltzame Bruderschafft angetroffen, vnd sich in dieselbe einverleiben lassen. Sie wird 1617 in Augsburg gedruckt (Neuausg. 1624 u.ö., komm. Neuausg. mit Nachw. 1983); der beigedruckte übersetzte Lazarillo de Tormes stammt dagegen nicht von ihm. Da sich der Übersetzer dieses Werkes nicht nennt und die Gattung der volkstümlich-satirischen Schelmenliteratur unter Barockautoren bis auf Grimmelshausens Tage gemeinhin als minderwertig gilt, wird der Name Ulenhart in der Forschung auch als schriftstellerisches Pseudonym für denkbar gehalten.
Die Tatsache, dass „als Verleger Niklas Heinrich zeichnet“ (Richard Alewyn), der durch seine Münchener Ägidius Albertinus-Ausgaben Bekanntheit erlangt, macht es nach Hoffmeister wahrscheinlich, dass das Werk an einen Augsburger Drucker in Auftrag gegeben wurde und in München erschienen ist. Der Name Ulenhart jedenfalls lässt sich für keine Augsburger Familie nachweisen.
Sekundärliteratur:
Deutsches Literatur Lexikon (DLL). Biographisch-bibliographisches Handbuch. Begründet von Wilhelm Kosch, fortgeführt von Carl Ludwig Lang. 3., völlig neu bearb. Aufl. 1968ff. Ca. 33 Bde. und 6 Ergänzungsbde. Bd. 24. Bern und Zürich, S. 357f.
Martino, Alberto (2005): Die Rezeption des Rinconete y Cortadillo und der anderen pikaresken Novellen von Cervantes im deutschsprachigen Raum (1617-1754). In: Daphnis 34, S. 23-135.
Pörnbacher, Karl (2002): Schwäbische Literaturgeschichte. Tausend Jahre Literatur aus Bayerisch Schwaben. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, S. 136.
Reinhardstoettner, Karl von: Ulenhart, Niklas. In: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 183f., URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd104314419.html#adbcontent, (06.09.2016).
Quelle:
Niclas Ulenhart: Historia von Isaac Winckelfelder vnd Jobst von der Schneid 1617. Nach Cervantes' Rinconete y Cortadillo. Komm. und mit einem Nachw. von Gerhart Hoffmeister (Literatur-Kabinett, 1). Wilhelm Fink Verlag, München 1983.
Externe Links:
Über Niclas Ulenharts Leben ist fast nichts bekannt. Vermutlich handelt es sich bei seiner Person um einen katholischen Kanzleibeamten in Prag. Humanistisch gebildet, sprachlich versiert und mit allen Volksschichten seiner Zeit vertraut geht er als Übersetzer bzw. Bearbeiter von Cervantes' Novelle Rinconete y Cortadillo (1604) in die Literaturgeschichte ein: „Ob man Rinconete y Cortadillo als Sittengemälde der Sevillaner Unterwelt ansieht, als im Keime schon ‚erkennbaren Typus der Wandernovelle‘ [...] oder als Geschichte eines Schelmenpaares in einer Gaunerzunft, auf jeden Fall handelt es sich um eine offene Struktur, die [...] zu den großen Entdeckungen von Cervantes gehört.“ (Gerhart Hoffmeister)
Ulenharts Übersetzung trägt den Titel Die ander [Historia] von Isaac Winckelfelder vnd Jobst von der Schneid, wie es diesen beyden Gesellen in der weitberümten Stadt Prag ergangen, was sie daselbst für ein wunderseltzame Bruderschafft angetroffen, vnd sich in dieselbe einverleiben lassen. Sie wird 1617 in Augsburg gedruckt (Neuausg. 1624 u.ö., komm. Neuausg. mit Nachw. 1983); der beigedruckte übersetzte Lazarillo de Tormes stammt dagegen nicht von ihm. Da sich der Übersetzer dieses Werkes nicht nennt und die Gattung der volkstümlich-satirischen Schelmenliteratur unter Barockautoren bis auf Grimmelshausens Tage gemeinhin als minderwertig gilt, wird der Name Ulenhart in der Forschung auch als schriftstellerisches Pseudonym für denkbar gehalten.
Die Tatsache, dass „als Verleger Niklas Heinrich zeichnet“ (Richard Alewyn), der durch seine Münchener Ägidius Albertinus-Ausgaben Bekanntheit erlangt, macht es nach Hoffmeister wahrscheinlich, dass das Werk an einen Augsburger Drucker in Auftrag gegeben wurde und in München erschienen ist. Der Name Ulenhart jedenfalls lässt sich für keine Augsburger Familie nachweisen.
Deutsches Literatur Lexikon (DLL). Biographisch-bibliographisches Handbuch. Begründet von Wilhelm Kosch, fortgeführt von Carl Ludwig Lang. 3., völlig neu bearb. Aufl. 1968ff. Ca. 33 Bde. und 6 Ergänzungsbde. Bd. 24. Bern und Zürich, S. 357f.
Martino, Alberto (2005): Die Rezeption des Rinconete y Cortadillo und der anderen pikaresken Novellen von Cervantes im deutschsprachigen Raum (1617-1754). In: Daphnis 34, S. 23-135.
Pörnbacher, Karl (2002): Schwäbische Literaturgeschichte. Tausend Jahre Literatur aus Bayerisch Schwaben. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, S. 136.
Reinhardstoettner, Karl von: Ulenhart, Niklas. In: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 183f., URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd104314419.html#adbcontent, (06.09.2016).
Quelle:
Niclas Ulenhart: Historia von Isaac Winckelfelder vnd Jobst von der Schneid 1617. Nach Cervantes' Rinconete y Cortadillo. Komm. und mit einem Nachw. von Gerhart Hoffmeister (Literatur-Kabinett, 1). Wilhelm Fink Verlag, München 1983.