Joseph Bernhart
Der in Ursberg als Sohn eines Finanzbeamten geborene Theologe besucht das humanistische Ludwigsgymnasium in München und studiert an der dortigen Universität katholische Theologie, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte. 1904 empfängt er die Priesterweihe, drei Jahre lang ist er daraufhin als Seelsorger tätig. 1907 kann Bernhart die Stelle eines Sekretärs der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst in München übernehmen. 1910 erfolgt die theologische Promotion an der Universität Würzburg, 1928 eine weitere zum Dr. phil.
Seine Tätigkeit als Sekretär führt ihn mit seiner späteren Ehefrau Elisabeth Nieland zusammen, die er 1913 in London heiratet. Die Heirat hat für beide ernsthafte Folgen: Das Paar erhält erst 1942 die Aufhebung der Exkommunikation und die Laisierung, mit der Auflage, künftig als Bruder und Schwester zusammenzuleben.
In Berlin zunächst versucht Bernhart als freier katholischer Schriftsteller Fuß zu fassen. Danach ist er in Gräfelfing bzw. München als Herausgeber in Verlagen (Mystiker-Texte, Bücher der Bildung), als Mitarbeiter der Zeitschriften Hochland, Süddeutsche Monatshefte und Kunstwart sowie bei Zeitungen tätig (Münchener Neueste Nachrichten, Frankfurter Zeitung). Anregung und Gelegenheit zu geistigem Austausch bekommt er im München der Zwanziger Jahre mehr als genug – zu seinen Gesprächspartnern und Freunden zählen der Hochlandkreis um Carl Muth, Theodor Haecker, Peter Dörfler, Konrad Weiß und Philipp Funk, die Autoren und Herausgeber der Süddeutschen Monatshefte (darunter Josef Hofmiller und Paul Nikolaus Cossmann), aber auch die Bernstein-Teegesellschaft, wo er Thomas Mann, Gerhart Hauptmann, Max Scheler und Richard Strauss kennenlernt. 1934 zieht Joseph Bernhart nach Türkheim.
Nicht belletristische Werke bilden das Zentrum seines Schaffens; sein Schwerpunkt liegt vielmehr im Bereich der Fachprosa über theologische, philosophische und geschichtliche Themen. Gleichwohl ist Bernhart ein feinsinniger Erzähler: Sein 1917 unter dem Pseudonym Erik Sanders veröffentlichter Thomas-Morus-Roman König und Kanzler und sein autobiographischer Roman Der Kaplan (1919) geben davon Zeugnis. Auch Mundartgedichte und Lebensskizzen (über Christoph von Schmid und Peter Dörfler) gehören zu seinem dichterischen Repertoire.
Die 1917 veröffentlichte Schrift Tragik im Weltlauf begründet seinen schriftstellerischen Ruf. In den dreißiger Jahren sind es dann die große geschichtsphilosophische Studie Sinn der Geschichte (1931) und die Schrift De profundis (1935), die Einblicke über „den Menschen in der Gottlosigkeit, über den ehelichen Menschen und über den Menschen in der tragischen Welt“ (Manfred Weitlauff) gibt. Daneben veröffentlicht Bernhart die Bücher Die philosophische Mystik des Mittelalters von ihren antiken Ursprüngen bis zur Renaissance (1922), Der Vatikan als Thron der Welt (1930) sowie Göttliches und Menschliches in der Kirche (1935).
„Auf dem Fundament des Christentums stehend“, so Hans Pörnbacher, „fragte er nach den Grundlagen menschlichen Daseins und fand Antworten, die überzeugen. Die Fragestellungen Bernharts kreisen um die Themen Natur und Naturphilosophie; Sprache, Dichtung, Kunst; Geschichte, Tragik, Politik; Metaphysik und Mystik; Kirche und Frömmigkeit.“
1941 fällt Bernhart dem NS-Regime wegen seiner theologischen Sicht der Geschichte auf. Er bekommt mit dem Austritt aus der Reichsschrifttumskammer Schreib- und Redeverbot. Nach dem Krieg hält er zahlreiche Vorträge und veröffentlicht weitere Werke wie Chaos und Dämonie. Von den göttlichen Schatten der Schöpfung (1950), Die unbeweinte Kreatur. Reflexionen über das Tier (1961) und Gestalten und Gewalten (1962). 1992 erscheinen seine Erinnerungen 1881-1930, 1997 seine Tagebücher und Notizen 1935-1947.
Bernhart ist seit 1949 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Mitglied der Società Europea di Cultura Venise (1950), Honorarprofessor für mittelalterliche Geistesgeschichte an der Universität München (1951). 1956 wird er mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1959 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 1961 wird er Ehrenbürger von Türkheim. Nach ihm benannt sind ein Gymnasium in Türkheim, eine Fachakademie für Sozialpädagogik in Krumbach sowie Straßen in Ursberg, Thannhausen, Mindelheim und Türkheim.
Sein Nachlass befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek, im Stadtarchiv Mindelheim und in der Priesterseminarbibliothek der Diözese Augsburg.
Sekundärliteratur:
http://www.priesterseminare.de/joseph-bernhart/kurzinfo.html, (01.06.2015).
Layer, Adolf (1977): Biera ond Zelta. Schwäbische Mundartgedichte aus zwei Jahrhunderten. Mit einem Geleitwort von Arthur Maximilian Miller (Beiträge zur Landeskunde von Schwaben, 4). Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, S. 417. u.ö.
Pörnbacher, Hans (2002): Schwäbische Literaturgeschichte. Tausend Jahre Literatur aus Bayerisch Schwaben. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, S. 271f.
Schweiggert, Alfons (2004): Joseph Bernhart (8.8.1881 – 21.2.1969). Schwäbischer Theologe, Philosoph und Kulturhistoriker. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 107f.
Wolf, Klaus (2019): Joseph Bernhart (1881-1969). Schwäbischer Schriftsteller, Philosoph und Theologe in München. In: Literatur in Bayern 34. Jg., H. 135, S. 11-13.
Externe Links:
Literatur von Joseph Bernhart im BVB
Der in Ursberg als Sohn eines Finanzbeamten geborene Theologe besucht das humanistische Ludwigsgymnasium in München und studiert an der dortigen Universität katholische Theologie, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte. 1904 empfängt er die Priesterweihe, drei Jahre lang ist er daraufhin als Seelsorger tätig. 1907 kann Bernhart die Stelle eines Sekretärs der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst in München übernehmen. 1910 erfolgt die theologische Promotion an der Universität Würzburg, 1928 eine weitere zum Dr. phil.
Seine Tätigkeit als Sekretär führt ihn mit seiner späteren Ehefrau Elisabeth Nieland zusammen, die er 1913 in London heiratet. Die Heirat hat für beide ernsthafte Folgen: Das Paar erhält erst 1942 die Aufhebung der Exkommunikation und die Laisierung, mit der Auflage, künftig als Bruder und Schwester zusammenzuleben.
In Berlin zunächst versucht Bernhart als freier katholischer Schriftsteller Fuß zu fassen. Danach ist er in Gräfelfing bzw. München als Herausgeber in Verlagen (Mystiker-Texte, Bücher der Bildung), als Mitarbeiter der Zeitschriften Hochland, Süddeutsche Monatshefte und Kunstwart sowie bei Zeitungen tätig (Münchener Neueste Nachrichten, Frankfurter Zeitung). Anregung und Gelegenheit zu geistigem Austausch bekommt er im München der Zwanziger Jahre mehr als genug – zu seinen Gesprächspartnern und Freunden zählen der Hochlandkreis um Carl Muth, Theodor Haecker, Peter Dörfler, Konrad Weiß und Philipp Funk, die Autoren und Herausgeber der Süddeutschen Monatshefte (darunter Josef Hofmiller und Paul Nikolaus Cossmann), aber auch die Bernstein-Teegesellschaft, wo er Thomas Mann, Gerhart Hauptmann, Max Scheler und Richard Strauss kennenlernt. 1934 zieht Joseph Bernhart nach Türkheim.
Nicht belletristische Werke bilden das Zentrum seines Schaffens; sein Schwerpunkt liegt vielmehr im Bereich der Fachprosa über theologische, philosophische und geschichtliche Themen. Gleichwohl ist Bernhart ein feinsinniger Erzähler: Sein 1917 unter dem Pseudonym Erik Sanders veröffentlichter Thomas-Morus-Roman König und Kanzler und sein autobiographischer Roman Der Kaplan (1919) geben davon Zeugnis. Auch Mundartgedichte und Lebensskizzen (über Christoph von Schmid und Peter Dörfler) gehören zu seinem dichterischen Repertoire.
Die 1917 veröffentlichte Schrift Tragik im Weltlauf begründet seinen schriftstellerischen Ruf. In den dreißiger Jahren sind es dann die große geschichtsphilosophische Studie Sinn der Geschichte (1931) und die Schrift De profundis (1935), die Einblicke über „den Menschen in der Gottlosigkeit, über den ehelichen Menschen und über den Menschen in der tragischen Welt“ (Manfred Weitlauff) gibt. Daneben veröffentlicht Bernhart die Bücher Die philosophische Mystik des Mittelalters von ihren antiken Ursprüngen bis zur Renaissance (1922), Der Vatikan als Thron der Welt (1930) sowie Göttliches und Menschliches in der Kirche (1935).
„Auf dem Fundament des Christentums stehend“, so Hans Pörnbacher, „fragte er nach den Grundlagen menschlichen Daseins und fand Antworten, die überzeugen. Die Fragestellungen Bernharts kreisen um die Themen Natur und Naturphilosophie; Sprache, Dichtung, Kunst; Geschichte, Tragik, Politik; Metaphysik und Mystik; Kirche und Frömmigkeit.“
1941 fällt Bernhart dem NS-Regime wegen seiner theologischen Sicht der Geschichte auf. Er bekommt mit dem Austritt aus der Reichsschrifttumskammer Schreib- und Redeverbot. Nach dem Krieg hält er zahlreiche Vorträge und veröffentlicht weitere Werke wie Chaos und Dämonie. Von den göttlichen Schatten der Schöpfung (1950), Die unbeweinte Kreatur. Reflexionen über das Tier (1961) und Gestalten und Gewalten (1962). 1992 erscheinen seine Erinnerungen 1881-1930, 1997 seine Tagebücher und Notizen 1935-1947.
Bernhart ist seit 1949 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Mitglied der Società Europea di Cultura Venise (1950), Honorarprofessor für mittelalterliche Geistesgeschichte an der Universität München (1951). 1956 wird er mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1959 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 1961 wird er Ehrenbürger von Türkheim. Nach ihm benannt sind ein Gymnasium in Türkheim, eine Fachakademie für Sozialpädagogik in Krumbach sowie Straßen in Ursberg, Thannhausen, Mindelheim und Türkheim.
Sein Nachlass befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek, im Stadtarchiv Mindelheim und in der Priesterseminarbibliothek der Diözese Augsburg.
http://www.priesterseminare.de/joseph-bernhart/kurzinfo.html, (01.06.2015).
Layer, Adolf (1977): Biera ond Zelta. Schwäbische Mundartgedichte aus zwei Jahrhunderten. Mit einem Geleitwort von Arthur Maximilian Miller (Beiträge zur Landeskunde von Schwaben, 4). Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, S. 417. u.ö.
Pörnbacher, Hans (2002): Schwäbische Literaturgeschichte. Tausend Jahre Literatur aus Bayerisch Schwaben. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, S. 271f.
Schweiggert, Alfons (2004): Joseph Bernhart (8.8.1881 – 21.2.1969). Schwäbischer Theologe, Philosoph und Kulturhistoriker. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 107f.
Wolf, Klaus (2019): Joseph Bernhart (1881-1969). Schwäbischer Schriftsteller, Philosoph und Theologe in München. In: Literatur in Bayern 34. Jg., H. 135, S. 11-13.